Jahresrückblick Titel, Tränen, Trainerwechsel

Das Sportjahr 2017 im Kreis Saarlouis: Ein Rückblick auf zwölf bewegte und bewegende Monate.

 Jörg Bohrmann feiert mit der HG Saarlouis in einem mitreißenden Krimi am letzten Spieltag den Klassenverbleib in der 2. Liga. Im November muss er dennoch gehen.

Jörg Bohrmann feiert mit der HG Saarlouis in einem mitreißenden Krimi am letzten Spieltag den Klassenverbleib in der 2. Liga. Im November muss er dennoch gehen.

Foto: Andreas Schlichter

Samstagabend, 10. Juni, Stadtgartenhalle. Für genau solche Moment lieben wir den Sport. Fast 2000 Zuschauer sehen einen Krimi, der jeden Tatort in den Schatten stellt. Es ist das letzte Saisonspiel der HG Saarlouis, Abstiegskampf in der 2. Handball-Bundesliga. Und zur Halbzeit sieht es richtig schlecht aus. Mit 8:15 liegt die HG gegen TuSEM Essen zurück, scheint chancenlos. Aber dann! Nach der Pause startet das Team eine phänomenale Aufholjagd, holt Tor um Tor auf – und verwandelt die Halle in einen Hexenkessel.

„Wahnsinn“ ist das an diesem Abend am häufigsten gebrauchte Wort. Mannschaft und Zuschauer heizen sich gegenseitig ein. Als die HG beim 27:26 sogar in Führung geht, fürchtet mancher um das Hallendach. Am Ende reicht es zwar nur zu einem 27:27, doch dieser eine Punkt bedeutet den Klassenverbleib. „So ein Spiel, in dem es um alles geht, bekommst du in deiner Karriere nicht oft“, sagt der scheidende HG-Kapitän Jonas Faulenbach und pustet tief durch. „Ich muss das erst einmal sacken lassen“, stöhnt Trainer Jörg Bohrmann. Und auch HG-Chef Richard Jungmann ist fix und fertig: „Unglaublich. Wie schafft es die Mannschaft nur immer wieder, aus solchen Lagen herauszukommen?“

Es ist nicht das einzige denkwürdige Spiel der HG in diesem Jahr: Im August feuert der Zweitligist mit einem 28:27 den großen VfL Gummersbach aus dem DHB-Pokal – und feiert damit den ersten Pflichtspiel-Sieg gegen einen Erstligisten in der Vereinsgeschichte überhaupt. Der zweite bleibt dem Team wenig später aber verwehrt. Im Oktober kommt im Achtelfinale mit Magdeburg eine der absoluten Top-Mannschaften Deutschlands nach Saarlouis – und siegt standesgemäß mit 37:28. Für die HG hat da schon längst der nächste Abstiegskampf in der Liga begonnen. Allerdings läuft der diesmal ohne Trainer Bohrmann. Nach einer Negativserie muss der Trainer im November gehen. Doch auch unter Nachfolger Philipp Kessler tut sich das Team schwer.

Eine Achterbahnfahrt der Gefühle bringt 2017 auch für die Basketball-Fans. Nach einer tollen Runde unterliegen die Damen der Saarlouis Royals im April erst im Halbfinale Serienmeister Wasserburg. Platz vier ist dennoch deutlich mehr, als man vor der Runde erwarten durfte. Im Sommer wird dann im Vereins-Umfeld und in der Führung viel geändert. Trainer Hermann Paar geht optimistisch in die Runde, doch die Hoffnung, sich im Vorderfeld der Liga zu etablieren, erfüllt sich nicht. Im Gegenteil. Statt um den Titel kämpft die Mannschaft gegen den Abstieg. Es fehlt eine Führungsspielerin – und es knistert hinter den Kulissen. Kurz vor Weihnachten dann der Knall. Paar muss gehen – statt besinnlicher Festtage brennt der Baum.

Genau umgekehrt ergeht es den Basketball-Herren der Saarlouis Sunkings. Nach dem Abstieg aus der 2. Liga sieht es erst so aus, als werde das Team in der Regionalliga direkt durchgereicht. Lange ist Saarlouis Letzter, entgeht nur knapp dem Abstieg. Doch in der Sommerpause gelingt die Wende. Der langjährige Führungsspieler Ricky Easterling kehrt zurück – und mit ihm der Erfolg. In der neuen Saison sind die Sunkings sogar lange Erster. Und begeistern.

Auch die Leichtathleten des LC Rehlingen sind 2017 oft weit vorne: Joana Staub wird deutsche U20-Meisterin, bei der U20-EM in Italien starke Fünfte – und verbessert den 1500-Meter-Saarlandrekord in dieser Klasse gleich vier Mal. Vereinskollegin Laura Müller wird im Juli sensationell deutsche Meisterin über 200 Meter. Bei der U23-EM in Polen holt sie auf ihrer eigentlichen Paradestrecke, den 400 Metern, Silber im Einzel und mit der Staffel. Bloß bei der WM in London muss sie passen. Eine Erkältung stoppt sie.

Tobias Blum ist dagegen überhaupt nicht zu halten: Erst holt er Gold bei den deutschen Crossmeisterschaften, dann siegt er bei den saarländischen Titelkämpfen über 10 000 Meter und schließlich bei den deutschen Halbmarathon-Meisterschaften. Auch Martina Schumacher läuft von Erfolg zu Erfolg. Bei den deutschen Seniorenmeisterschaften schnappt sie sich die Titel über 1500 Meter und 5000 Meter.

Überhaupt gibt es 2017 viele Goldmedaillen für Leichtathleten – aber kaum einer freut sich so wie Gerhard Adams. Mit 79 gewinnt der Rehlinger seinen ersten Einzeltitel bei einer DM. „Ich hab’ mich im Ziel mit der Brust nach vorne geworfen. Das hat den Ausschlag gegeben“, jubelt er nach dem Sieg über 60 Meter in der Halle. Später lässt er bei der WM in Daegu (Südkorea) Gold mit der deutschen 200-Meter-Staffel folgen.

Doch es gibt nicht nur gute Nachrichten. Die traurigste Meldung des Jahres kommt im Juni: Mountainbiker Luca Biwer aus Gerlfangen verunglückt schwer. Bei einem Sprung stürzt der 22-Jährige so fatal, dass er querschnittsgelähmt bleibt. Schreckliche acht Wochen hängt sein Leben am seidenen Faden. Ein Schicksal, das betroffen macht. Landesweit. Dann läuft eine Welle an Solidarität und Hilfsbereitschaft an. Unter dem Motto „Bewegung für Luca“ finden zahllose Benefizveranstaltungen statt. Freunde, Bekannte, aber auch Fremde legen sich ins Zeug. Luca ist nicht allein – wenigstens diese positive Erkenntnis tröstet etwas.

Es fällt schwer, nach solch einem Schicksalsschlag zum Alltag zurückzukehren. Doch Gott sei Dank überwiegt 2017 das Erfreuliche. Und das liefern seit Jahren die Tänzer von „autres choses“. 2017 feiert die Formation ihren 25. deutschen Meistertitel – und Anfang Dezember bei der WM die Bronzemedaille. Auch die Turner überzeugen. Die TG Saar wird deutscher Vizemeister, die Lebacherin Marie Hinsberger in den Bundeskader aufgenommen.

Überhaupt Lebach. Im Volleyball glänzen die Damen des TVL, baggern sich zur Regionalligameisterschaft und steigen in die 3. Liga auf. Es ist der größte Erfolg der Vereinsgeschichte. Den verbuchen auch die Kegler des KSC Landsweiler. Ihnen gelingt mit einem Husarenstreich am letzten Spieltag der nicht mehr für möglich gehaltene Aufstieg in die Bundesliga. Großer Jubel herrscht auch bei Selina Ehl aus Nalbach, die im August beim Lebacher Pferderennen das Grüne Band gewinnt. 10 000 Zuschauer zählt der Veranstalter – so viele wie lange nicht mehr. Dennoch ist die Zukunft fraglich. Der Renntag ist ein Verlustgeschäft, und bei der Stadt gibt es Stimmen, die ein Ende der Traditionsveranstaltung fordern. Es wäre schade.

Gemischte Gefühle auch im Fußball: Der FV Siersburg steigt aus der Saarlandliga ab, schafft aber immerhin in der Verbandsliga die Trendwende und überwintert als Dritter. Der FV Diefflen legt in der Oberliga eine Achterbahnfahrt mit Höhen und Tiefen hin. Und die SG Lebach-Landsweiler hadert über ein kurioses Pokal-Aus. Weil auch der Schiedsrichter die Regeln nicht kennt, wechselt Trainer Faruk Kremic – nach Rücksprache mit dem Schiri – einmal zu viel aus. Folge: Der Verband disqualifiziert die SG.

Doch es gibt auch viel zu jubeln im Fußball: Den ersten Meistertitel im Kreis fährt der FV Schwalbach in der Verbandsliga ein. Gewaltige 16 Punkte beträgt am Ende der Vorsprung. Über die Relegation schafft zudem auch Bous den Sprung in die Saarlandliga. Auch die SG Saubach feiert – den Titel in der Bezirksliga Neunkirchen. Es ist der zweite in Folge für die SG und der dritte könnte bald folgen. Denn auch in der Landesliga ist Saubach schon wieder vorne.

 Am Boden: Martin Rymer und der FV Siersburg steigen im Sommer nach vier Jahren aus der Saarlandliga ab.

Am Boden: Martin Rymer und der FV Siersburg steigen im Sommer nach vier Jahren aus der Saarlandliga ab.

Foto: Andreas Schlichter
 Daniel Pfeffler schießt Saubach mit 34 Treffern in die Landesliga.

Daniel Pfeffler schießt Saubach mit 34 Treffern in die Landesliga.

Foto: FNS Fabian Kleer
 Die Fußballer des SV Friedrichweiler feiern mit dem Titel in der Bezirksliga den größten Erfolg ihrer Vereinsgeschichte. Beim direkten Verfolger Röchling Völklingen II siegt die Mannschaft mit 2:0 und macht frühzeitig alles klar.

Die Fußballer des SV Friedrichweiler feiern mit dem Titel in der Bezirksliga den größten Erfolg ihrer Vereinsgeschichte. Beim direkten Verfolger Röchling Völklingen II siegt die Mannschaft mit 2:0 und macht frühzeitig alles klar.

Foto: Spies
 Lebachs Volleyballerinnen bejubeln den Aufstieg in die 3. Liga.

Lebachs Volleyballerinnen bejubeln den Aufstieg in die 3. Liga.

Foto: Kerosino/Thiel
 Volltreffer: Die Saarwellinger Karatekämpferin Annika Summa sichert sich bei der Nachwuchs-WM auf Teneriffa einen beachtlichen fünften Platz.

Volltreffer: Die Saarwellinger Karatekämpferin Annika Summa sichert sich bei der Nachwuchs-WM auf Teneriffa einen beachtlichen fünften Platz.

Foto: Christian Grüner/Karateverband
 Royals-Trainer Hermann Paar muss kurz vor Weihnachten gehen.

Royals-Trainer Hermann Paar muss kurz vor Weihnachten gehen.

Foto: Ruppenthal

Das spannendste Titelrennen liefert aber der SV Lisdorf in der Kreisliga A Saar. Mit Lisdorf, Felsberg und Roden gibt es am letzten Spieltag noch drei Meisterschaftskandidaten – doch Lisdorf behält die Nerven und schießt sich mit einem 11:0-Schützenfest gegen Altforweiler zum Titel. Imponierend. Auch das war wieder so ein Tag, wie ihn nur der Sport bietet. Hoffen wir auf viele weitere im Jahr 2018. Auf ein gutes Neues.

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