Public Viewing Stimmung fast schon wie im Stadion

Saarlouis · Rund 10 000 Fans sahen am Samstag in der Saarlouiser Arena das WM-Spiel Schweden gegen Deutschland. Sie fieberten mit, viele hatten schon abgeschlossen, als sie dann doch noch belohnt wurden.

 Erleichterung pur: Der allerletzte Moment im WM-Spiel Deutschland gegen Schweden, das 2:1 für Deutschland.

Erleichterung pur: Der allerletzte Moment im WM-Spiel Deutschland gegen Schweden, das 2:1 für Deutschland.

Foto: Axel Künkeler

Nicht nur neunzig, sondern sogar fünfundneunzig Minuten mussten rund 10 000 Fans beim Public Viewing am Samstag auf dem Großen Markt zittern und bangen. Erst in der letzten Minute der Nachspielzeit drehte die deutsche Nationalmannschaft das Spiel bei der Fußball-Weltmeisterschaft gegen Schweden. Das Tor von Toni Kroos zum 2:1-Sieg löste im Fandorf wahre Begeisterungsstürme und Jubelgesänge aus. Anschließend gab es in Saarlouis Autokorsos und Hupkonzerte.

Schon eine halbe Stunde vor Spielbeginn war die Public Viewing Arena gut gefüllt. Aus den Boxen ertönte Max Giesingers Song „Hinter euch stehen achtzig Millionen“. Ganz so viele waren es in Saarlouis zwar nicht, aber beim Anpfiff der Partie war die Arena proppenvoll. Es schien als wollten die Fans nach der Auftaktniederlage gegen Mexiko zeigen: „Jetzt erst recht!“

Noch mehr Fans als beim ersten Spiel, noch mehr Schwarz-Rot-Gold auf dem Großen Markt. Als die Aufstellung bekannt gegeben wurde, riefen alle die Namen der deutschen Spieler mit. Besonders lautstark bei Marco Reus, der für Mesut Özil in die Startelf rückte.

„Die Veränderungen sind absolut richtig“, analysierte Rainer Calmund im Interview auf der Bühne. Zudem lobte er die Stimmung im Fandorf: „Bei dem Publikum müsste Saarlouis in der Zweiten Liga spielen.“ Aber nicht alle Fans teilten seine Auffassung zur Aufstellung. „Ich bin schon etwas überrascht, sehe es aber insgesamt positiv“, meinte etwa Daniel Thiel. Er war gemeinsam mit Florian Kimpel eigens aus Saarbrücken angereist, beide waren zum ersten Mal beim Public Viewing in Saarlouis dabei. „Die Atmosphäre ist super, wir kommen gerne wieder“, war Kimpel gleich begeistert. „Heute klappt es“, rechneten beide mit einem Sieg, tippten ein 2:1 und 2:0 für Deutschland.

Benjamin Schneider sah die Aufstellung ebenfalls „eher mit gemischten Gefühlen“, hätte sich eine offensivere Ausrichtung gewünscht. Der Wadgasser kam zusammen mit Loreen Friedrich sowie Timo und Tamara Brunner in die Kreisstadt. Die Stimmung sei „sau gudd“, war das Quartett „voll motiviert“, tippte ein 3:1 und 2:0 für die eigene Mannschaft. Mit der Orscholzer Familie Gaspard oder Kai und Sandra Kochendörfer (Wadgassen) traf man auch auf von der Auftaktpartie her bekannte Gesichter wieder.

„Natürlich kommen wir weiter, vielleicht nicht als Gruppenerster“, zeigte sich Kochendörfer schon vor Spielbeginn wieder sehr optimistisch. „Heute kassieren wir kähns“, tippte er sogar auf ein 4:0. Die nicht ganz so offensive Ausrichtung im Team von Jogi Löw sah er durchaus positiv: „Erst muss die Null stehen“, die Zeit des Experimentierens sei jetzt vorbei.

„Die Saarländer rocken es heute“, meinte Kerstin Gonsowski angesichts der Rückkehr von Jonas Hector. Gemeinsam mit Ehemann Armin und ihren Kindern Nils und Leon kam sie aus Werbeln zum Public Viewing.

„Dieses Jahr zum ersten Mal, aber sonst sind wir bei jedem Spiel dabei.“ Bei aller Zuversicht waren die Vier trotzdem etwas skeptisch, weil sie zuhause ihr Hunde-Orakel befragt hatten. Beide Yorkshire-Terrier hätten auf Sieg für Schweden getippt, erzählte Kerstin Gonsowski, zeigte zum Beweis das eigene Smartphone-Video. Skepsis auch wegen der Leistung aus dem Mexiko-Spiel: „Theoretisch hätte Löw sogar zehn Spieler austauschen können“, meinte Armin Gonsowski.

Wie die Fans schien denn auch die deutsche Nationalmannschaft eine Trotzreaktion zeigen zu wollen. Mehrfach ging ein Raunen durchs Publikum bei den ersten Chancen der DFB-Elf. Aber schnell auch ungläubiges Staunen, Haare raufen bei den schwedischen Kontern. Als nach gut einer halben Stunde den Schweden sogar das 0:1 gelang, schlugen viele die Hände vors Gesicht, wollten es einfach nicht glauben.

War’s das? Ist Deutschland schon lange vor dem „Finale dahoam“? Der neunjährige Leon analysierte richtig fachmännisch: „Die ersten zwanzig Minuten waren ziemlich gut, dann gab es einige unnötige Fehler“, meinte er. Aber „vielleicht gibt’s ja noch ein Unentschieden.“ Für Vater Armin Gonsowski wirkt das Mexiko-Spiel noch nach, es sei „tragisch, dass so erfahrene Leute wie Kroos solche Fehler machen.“ Eindeutig „eine Kopfsache“ war es für Daniel Thiel, der aber ebenso wie die anderen Fans die Hoffnung nicht aufgeben will: „Bei einem frühen 1:1 können sie es noch drehen.“

Thiel sollte Recht behalten. Bereits drei Minuten nach Wiederanpfiff gelang Marco Reus der vielumjubelte Ausgleich. Doch danach wieder Hoffen und Bangen, das Saarlouiser Publikum ging nun richtig mit. Anfeuerungsrufe, aber auch Aahs und Oohs bei vergebenen Chancen schufen fast schon Stadion-Atmosphäre auf dem Großen Markt. Doch je länger das Spiel dauerte, umso länger wurden die Gesichter der Fans. Als alle schon mit dem Schlusspfiff und einem bitteren Ende für das deutsche Team rechneten, kam doch noch das Happyend: Pfiff, Freistoß, Tor Deutschland.

 Florian Kimpel und Daniel Thiel (von links) fieberten dem Spiel der Nationalmannschaft gegen Schweden entgegen.

Florian Kimpel und Daniel Thiel (von links) fieberten dem Spiel der Nationalmannschaft gegen Schweden entgegen.

Foto: Axel Künkeler
 Loreen Friedrich, Timo Brunner, Benjamin Schneider und Tamara Brunner (von links) auf dem Großen Markt.

Loreen Friedrich, Timo Brunner, Benjamin Schneider und Tamara Brunner (von links) auf dem Großen Markt.

Foto: Axel Künkeler
 Nils, Kerstin, Leon, Armin Gonsowski (von links) waren aus Werbeln zum Public Viewing auf den Großen Markt gekommen.

Nils, Kerstin, Leon, Armin Gonsowski (von links) waren aus Werbeln zum Public Viewing auf den Großen Markt gekommen.

Foto: Axel Künkeler

Nun gab es kein Halten mehr: grenzenloser Jubel, tosender Beifall, Menschen fielen sich um den Hals, Fahnen wurden geschwenkt und Siegesgesänge angestimmt. Direkt nach dem Abpfiff dröhnte wieder Musik aus den Boxen: „Humba Humba Tätärä“, „So was hat man lange nicht gesehen“ und „So ein Tag, so wunderschön wie heute“ – und alle Fans sangen siegestrunken mit. Danach wurde noch lange Party gefeiert, auf dem Großen Markt und in der Altstadt. Mit Autokorso und Hupkonzert.

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