Geschichte Stationen eines beherzten Lebens

Saarlouis · Die wohl wichtigste historische Gestalt aus Saarlouis war Michel Ney, einer der Lieblingsgeneräle von Napoleon. Zur 250. Wiederkehr von Neys Geburtstag zeigt das Städtische Museum eine Sonderausstellung.

 Maréchal Michel Ney aus Saarlouis nach einem Kupferstich von Ambroise Tardieu um 1810

Maréchal Michel Ney aus Saarlouis nach einem Kupferstich von Ambroise Tardieu um 1810

Foto: Benedikt Loew/Stadtarchiv

Wer zum ersten Mal in Saarlouis ist und aufmerksam, bleibt an ihm hängen: diesem Standbild eines Offiziers, der über dem Saaralt­arm zu schweben scheint. Oder zu wachen. Streng, aber nicht aggressiv. Wer ist das denn auf diesem ungewöhnlichen Denkmal, fragen Besucher.

Die Frage gibt schon die halbe Antwort. Denn ungewöhnlich stimmt, das war der französische Offizier Michel Ney wirklich. Dieser oft als bedeutendster Sohn von Saarlouis bezeichnete Soldat wurde am 10. Januar 1769, vor 250 Jahren also, in Saarlouis geboren. Ihm widmet das Städtische Museum Saarlouis jetzt eine Sonderausstellung.

Ney wurde in der heutigen Altstadt von Saarlouis, in der Bierstraße, in einer einfache Fassmacher-Familie geboren. Eine Gedenktafel erinnert daran. Bezahlt haben die Tafel im Jahr 1829 Bürger von Saarlouis. Da lugt wieder das Ungewöhnliche hervor: Aus der französischen Geburtsstadt Neys, Sarre-Louis, war 1815 das preußische Saarlouis geworden. Die nun zuständigen Preußen genehmigten die französisch verfasste Tafel „Ici est né Maréchal Ney“ für den hohen Offizier, der doch auf der Feindesseite, für Napoleon, gekämpft hatte. Als den „Tapfersten der Tapferen“ hat ihn Kaiser Napoleon einmal bezeichnet. „Le brave de braves.“

Fast schicksalhaft scheinen Ney und Napoleon miteinander verbunden zu sein, seitdem sie sich im Mai 1801 erstmals begegneten. Michel Ney hatte sich bis dahin schon einen Namen in der revolutionären Armee gemacht und war bereits im Alter von 27 Jahren zum General aufgestiegen. Er war draufgängerisch, oftmals impulsiv, und bei den Soldaten sehr geachtet. Militärisches Geschick und Glück ließen ihn viele Schlachten überleben und zahlreiche Siege erringen.

Ein blanker Siegertyp aber war Ney offenkundig auch nicht. Als zäh und standhaft schildern ihn Zeitgenossen. Vor allem konnte er es aushalten, Konsequenzen militärischen Handelns zu erkennen und notfalls sein Handeln zu ändern. Das Standhafte in ihm war darum zugleich das Bewegliche.

 Diese Eigenschaften standen Jean Lambert-Rucki vor Augen, als er 1946 das fünf Meter hohe Betonmal im Saarlouiser Stadtgarten über einem preußischen Festungsteil schuf. Nachdenklich, standhaft, keine aggressive nationalistische Inszenierung im nun wieder französischen Saarlouis wollte er mit Ney zeigen. Was gleich nach dem Zweiten Weltkrieg ungewöhnlich war.

Michel Ney war für seinen Kaiser in zahlreiche Schlachten gezogen. Die Titel Mar­schall von Frank­reich und Her­zog von El­chin­gen sowie Fürst von der Mo­skwa waren Lohn dafür. 1812 zum Beispiel an der Moskwa. Auch Kaiser Napoleon musste erkennen, dass Ney nicht nur seinen eigenen Kopf hatte, sondern dass sein Marschall den Prinzipien der Revolution und vor allem aber seiner Nation treu ergeben war, nicht aber allein einer Person.

Auch wenn sich Michel Ney auf dem Feld der Politik nicht sonderlich wohl fühlte, so stellte er sich doch zweimal mitentscheidend gegen den Willen seines momentanen obersten Befehlsherrn, um, nach seiner Ansicht, weiteren Schaden von Frankreich in Form von Krieg und Bürgerkrieg abzuwenden.

Der möglichen persönlichen Folgen war sich der Marschall dabei durchaus bewusst. Und so stellte er sich schließlich seinem tragischen Ende, seiner Hinrichtung als Verräter, in der für typischen Haltung: aufrecht und beherzt.

Zuvor war Napoleon auf die Insel Elba verbannt worden, Ney wechselte die Seiten und unterstellte sich als Offizier dem neuen König von Frankreich. Doch als Napoleon 1815 zurückkehrte, wechselte Ney wieder zu ihm. Er zog in die Schlacht von Waterloo, in der er jedoch scheiterte und mit ihm Napoleon. Danach verlor Napoleon die Macht wieder, und wieder übernahm der König. Der ließ eine Liste von Offizieren erstellen, die während der kurzen Rückkehr Napoleons („100 Tage“) auf dessen Seite wechselten – „Hochverrat“. Ney stand ganz oben auf dieser Liste. Zwei Mal lehnte er eine leicht mögliche Flucht aus Frankreich ab. Angeblich gab er dem Erschießungskommando am Ende selbst den Schießbefehl (,,Schießt, Soldaten“): am 7. Dezember 1815 im Jardin de Luxembourg in Paris.

Die Sonderausstellung „Maréchal Michel Ney – Stationen eines beherzten Lebens“ im Städtischen Museum Saarlouis zeigt wichtige Entwicklungslinien und Wendepunkte im Leben Michel Neys aus Anlass der 250. Wiederkehr seines Geburtstages.

Die militärischen Karriere und die damit verbundenen zahlreichen Schlachten und Feldzüge sind dabei nur ein Teil der Betrachtung. Der private Lebensweg und der stetige gesellschaftliche Aufstieg sind ebenso Thema der Ausstellung wie auch das persönliche Verhältnis zwischen Ney und Napoleon. Ein gesondertes Kapitel beschäftigt sich mit den tragischen letzten Monaten in Neys Leben bis zu seiner Hinrichtung am 7. Dezember 1815.

Michel Ney war schon zu seinen Lebzeiten eine populäre Persönlichkeit. Nicht zuletzt sein tragisches, als ungerecht empfundenes Schicksal hat zu einer fortführenden Verehrung, weit über die französischen Grenzen hinaus, beigetragen. Dies zeigt sich in vielfältigen Erinnerungsstücken, in unzähligen Portraits oder auch in vielen Büchern und Abhandlungen über das Leben und den Prozess des in Saarlouis geboren Marschalls. Immer wieder faszinierte der Offizier aus Saarlouis auch Filmemacher.

Die Ausstellung zeigt in neun Abschnitten insgesamt 230 Exponate. Die erläuternden Einführungs-Texte der einzelnen Abschnitte sind, ergänzt um vier Zeittafeln und 27 Abbildungen aus der Ausstellung, zu einer Begleitschrift zusammengefasst worden. Diese kann im Museum für drei Euro erworben werden.

 Michel Ney inspiriert bis heute, zum Beispiel in Filmen. Hier eine Karikatur, eine frühe Lithografie von Delaunois. Gezeigt wird eine Szene aus der Oper Don Juan. Ganz am Schluss erscheint der Komtur als Statue, um sich wegen eines Ehebruchs mit seiner Frau zu rächen. Der Rächer hat die Gestalt von Michel Ney.

Michel Ney inspiriert bis heute, zum Beispiel in Filmen. Hier eine Karikatur, eine frühe Lithografie von Delaunois. Gezeigt wird eine Szene aus der Oper Don Juan. Ganz am Schluss erscheint der Komtur als Statue, um sich wegen eines Ehebruchs mit seiner Frau zu rächen. Der Rächer hat die Gestalt von Michel Ney.

Foto: Benedikt Loew/Stadtarchiv
 Das Geburtshaus von Maréchal MIchel Ney (1769 bis 1815) ist heute ein Restaurant. Die Tafel stammt von 1829.

Das Geburtshaus von Maréchal MIchel Ney (1769 bis 1815) ist heute ein Restaurant. Die Tafel stammt von 1829.

Foto: Seeber
 Michel Ney wird am 7. Dezember 1815 in Paris als Verräter erschossen – Holzstich von 1869.

Michel Ney wird am 7. Dezember 1815 in Paris als Verräter erschossen – Holzstich von 1869.

Foto: Benedikt Loew/Stadtarchiv
 Beton-Statue von Michel Ney, 1946 über einem preußischen Festungsteil in Saarlouis errichtet.

Beton-Statue von Michel Ney, 1946 über einem preußischen Festungsteil in Saarlouis errichtet.

Foto: Engel & Seeber/Engel, Andreas

Führungen für Gruppen sind nach Terminabsprache möglich. 10. Januar bis 10. Juni 2019. Geöffnet dienstags bis freitags 10 bis 13 und 14 bis 17 Uhr, samstags, sonntags und an Feiertag 14 bis 17 Uhr. Städtisches Museum Saarlouis, Alte-Brauerei-Straße, Kaserne VI, Saarlouis. Tel.: (0 68 31) 69 89 8 22.

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