Sprachkurse für ausländische Mediziner Tertia räumt Sprachhürden aus dem Weg

Saarlouis/Losheim · Die Fortbildungsagentur macht unter anderem Mediziner mit Migrationshintergrund fit für den Arbeitsmarkt.

 Das Foto entstand vor der Verschärfung der Corona-Verordnung Mitte Dezember. In dieser Zeit trafen sich (von links) Dr. Günter Schommer, Walid Bakko, Gutierrez Schieber, Anna Haar und Professor Marc Schommer regelmäßig für den Deutsch-Sprachkurs für „Akademische Heilberufe“ bei Tertia. Dort lernen ausländische Mediziner das deutsche Fachvokabular.

Das Foto entstand vor der Verschärfung der Corona-Verordnung Mitte Dezember. In dieser Zeit trafen sich (von links) Dr. Günter Schommer, Walid Bakko, Gutierrez Schieber, Anna Haar und Professor Marc Schommer regelmäßig für den Deutsch-Sprachkurs für „Akademische Heilberufe“ bei Tertia. Dort lernen ausländische Mediziner das deutsche Fachvokabular.

Foto: Tina Leistenschneider

Besprechung eines fiktiven Falls: Eine 56-jährige Patientin kommt mit starken Rückenschmerzen in die Praxis. Seit Tagen bemerkt sie ein zunehmendes Taubheitsgefühl im rechten Bein.

Ein typischer Fall, der den Teilnehmern des Kurses „Akademische Heilberufe“ des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zur Beurteilung vorgestellt wird. „Wie würden Sie vorgehen, um die Patientin zu behandeln?“, fragt Dr. Günter Schommer, pensionierter Zahnarzt aus Oppen, seine Teilnehmer und blickt sich in der Runde um.

„Ich würde mich zunächst einmal der Patientin vorstellen. Nach einer kompletten Anamneseerhebung würde eine körperliche Untersuchung erfolgen und ich würde ein MRT anordnen“, fängt Walid Bakko an zu erzählen. Während er seine Vorgehensweise erläutert, ist in der Aussprache des 31-jährigen Syrers noch ein kleiner Akzent zu hören. Doch um Deutsch zu lernen, insbesondere die medizinischen Fachtermini, dafür sitzt er seit zwei Jahren bei Tertia Berufsförderung in Saarlouis.

Die hat sich in den Bereichen Sprachförderung und Sprachkurse des BAMF in allen Niveaustufen auf die Schwerpunkte „Berufssprachkurse“ und „Integrationskurse“ spezialisiert. In den Berufssprachkursen lernen Migranten, die beispielsweise in ihrem Heimatland als Arzt oder Zahnarzt tätig waren, das deutsche Allgemein- und Fachvokabular, um auch hier ihren Beruf ausüben zu können. In den Integrationskursen erlernen die Teilnehmer die deutsche Sprache, damit eine Integration in unsere Gesellschaft sinnvoll erfolgen kann und sie sich selbst bevorstehen können.

Um als internationaler Mediziner in Deutschland eine Approbation zu erhalten und arbeiten zu können, müssen die Teilnehmer beispielsweise ihre allgemeinen Deutschkenntnisse auf Niveau B 2 und ihre fachsprachlichen Deutschkenntnisse auf Stufe C 1, also „fortgeschrittene Sprachkenntnisse“, in einer telc-Prüfung nachweisen können. Sprich: Sie müssen Gespräche mit Patienten und Angehörigen führen und Arztbriefe schreiben können und die kollegiale Fachsprache beherrschen. Um das zu erreichen – dafür sitzen alle Mediziner in dem Kurs von Dr. Schommer.

Seit mehr als zwei Jahren leitet er bei Tertia den Berufssprachkurs für Mediziner und bereitet seine Teilnehmer auf die Fachsprachprüfung vor. „Es ist mir ein Anliegen, das zu machen“, sagt Schommer, dem die Lehrtätigkeit Spaß macht. Lange Jahre war er in Reimsbach als Zahnarzt tätig, weiß daher: „Die Kommunikation zwischen Arzt und Patient ist das A und O.“ Entsprechende Fachkompetenz werde vorausgesetzt.

Mit Fachliteratur aus den verschiedensten Bereichen der Allgemeinmedizin vermittelt der Arzt seinen Schülern die deutsche Grammatik und die medizinische Fachterminologie. Dabei nutzt er unter anderem Lückentexte, Multiple-Choice-Aufgaben, Hörtexte und umfangreiche Bildmaterialien um den ausländischen Kollegen die Besonderheiten der deutschen Medizinersprache zu erläutern. Nur ein halbes Jahr haben die Nicht-Muttersprachler Zeit, sich auf die C 1-Sprachprüfung vorzubereiten. „Ein harter Weg“, erzählt Schommer, „viele müssen sich durchbeißen.“ Manche brechen ab. Er findet: „Die Vorbereitungszeit sollte verdoppelt werden.“

Und kritisiert: „Die ausländischen Kollegen wissen zum Teil gar nicht, wohin sie sich mit ihren Fragen wenden können. Welche Qualifikationen müssen sie erwerben, um die ärztliche Approbation in Deutschland zu erlangen? Bei welcher Einrichtung können sie die dafür erforderlichen Sprachkenntnisse erwerben? Leider gibt es noch zu wenige Informationen für sie. Es existiert keine öffentlich bekannte Anlaufstelle im Saarland. Dadurch kommt es zu erheblichen Verzögerungen bei der beruflichen Integration. Viele dieser Mediziner sind aus diesem Grunde bereits in andere Bundesländer gewechselt.“

Eine Einschätzung, die Anna Haar teilt. Vor zwei Jahren kam die Zahnärztin aus Russland nach Deutschland und besucht seither die Sprachschule. „Mir gefällt die deutsche Sprache“, sagt sie, ihr ist es wichtig, täglich zu reden, um ihre Kenntnisse zu festigen. Aktuell arbeitet Haar als Praxisassistentin in einer Zahnarztpraxis, bis sie ihre staatliche Erlaubnis erhält, ihren Beruf selbst auszuüben. Als „eine Herausforderung“, empfindet sie die Vorbereitungen auf die Prüfung. „Man muss definitiv viel machen, auch zu Hause“, sagt Haar.

Wie sie macht auch Walid Bakko ein Praktikum neben dem Kurs, lernt eifrig die ihm fremde Sprache. „Ich habe hier Familie und Freundschaft gefunden“, sagt er über den Kurs. Was ihm am meisten am Kurs gefällt: „Die Erfahrungen, die Dr. Schommer aus seiner Praxis erzählt.“ Denn neben theoretischen Stoffen plaudert der pensionierte Zahnarzt über Erlebnisse aus seinem Alltag als Mediziner, gibt  den  Teilnehmern Tipps. Die Lerngruppen sind klein, nur fünf bis sechs können teilnehmen, weil die Fachrichtung so speziell ist.

„Und diese spezielle Förderung ist wichtig“, sagt Professor Marc Schommer, Niederlassungsleiter von Tertia in Saarlouis/Losheim und Sohn von Dozent Dr. Günter Schommer. „Wir sind seit 2004 hier ansässig und sind bis heute von den regionalen Jobcentern und der Agentur für Arbeit mit Aufgaben der beruflichen Qualifizierung und Integration für unterschiedliche Zielgruppen beauftragt“, erklärt Schommer.

Zudem hilft Tertia bei der beruflichen Qualifizierung, bei der Integration und Vermittlung von Arbeitssuchenden, auch bei der Bewerbung. „Wir begleiten die Teilnehmer auf dem Weg (zurück) ins Berufsleben. Das liegt uns am Herzen.“

Schommer gibt bei Tertia seit 2015 Sprachkurse, während der Corona-Pandemie finden viele von diesen online und zu Hause statt. Damit das klappt, haben die Kursteilnehmer Tablets und Laptops von Tertia zur Verfügung gestellt bekommen.

„Bei uns sind alle Nationalitäten vertreten, nicht nur arabische oder syrische“, berichtet der Niederlassungsleiter, sondern auch französische, chinesische, russische oder thailändische drückten die Schulbank. „Wichtig ist uns, die Menschen schnell für die Öffentlichkeit vorzubereiten, damit sie sich selbst bevorstehen können“, sagt Schommer. „Der Fokus liegt auf den Fertigkeiten Sprechen, Lesen, Schreiben und Mediation.“ Auch alle Teilnehmer mitzunehmen ist ihm ein wichtiger Punkt.

Was ihm am meisten Spaß an seinem Job bereitet? „Ich kann Menschen etwas mitgeben, was für ihr Leben wichtig ist. Wenn ich nach drei Jahren jemanden wiedersehe, erinnert er sich vielleicht an mich. Das prägt“, erläutert der Betriebswirt. „Und wir sehen die Fortschritte. Das ist sehr zufriedenstellend.“

Weitere Informationen zu den Kursangeboten und -terminen und Anmeldung gibt es unter Telefon (0 68 31) 4 89 46 80 oder per E-Mail an  saarlouis@tertia.de oder losheim@tertia.de wenden.

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