Saarlouiser Woche Sphärenklänge unter dem Sternenhimmel

Saarlouis · Ein mobiles Planetarium mit einem himmlischen Programm im Theater am Ring gehört zu den Höhepunkten während der Saarlouiser Woche.

 Der Vortrag über den „Zauber der Sterne“ faszinierte die Besucher im Theater am Ring. Fotos: Thomas Seeber

Der Vortrag über den „Zauber der Sterne“ faszinierte die Besucher im Theater am Ring. Fotos: Thomas Seeber

Ausgerechnet die Sonne, das Lieblingsobjekt des Saarlouiser Astronomen Gernot Meiser, verweigerte Meiser am Samstagabend die Freundschaft: Sie schien prächtig, es war warm, und da zog es nicht mehr sehr viele Besucher ins Theater am Ring - unter die Zehn-Meter-Kuppel des mobilen Planetariums. Meiser hat es dort aufgebaut, die ganze Saarlouiser Woche lang, jeden Tag ein himmlisches Programm.

Gut besucht noch der klassische Multivisionsvortrag zuvor über den "Zauber der Sterne". Und gleich danach ein Kontrastprogramm: Gerhard Jaworeks Vortrag "Blind zu den Sternen". Jaworek, ein Diplom-Informatiker, ist von Geburt an blind. Erzählen wollte er davon, "wie lebenswert Astronomie für mich ist". Sterne hat er noch nie gesehen. Bloß mal den Mond, einen Lichtfleck in einem großen Teleskop, vor 25 Jahren, als er noch minimal Helligkeit sehen konnte. "Ich habe ihn gesehen, dieses eine Mal und nie wieder." Sagt er, und seine Finger verlieren für einen Augenblick den Faden auf den Blättern mit der Blindenschrift. "Das", sagt er entschuldigend, "ist das Problem mit der Blindenschrift, man hat nie den Überblick." Das Publikum lacht. Auch, als er über seine kindliche Neugier erzählt. Mit sechs Jahren habe er gefragt, wieso die Menschen nicht runterrutschen, wenn die Erde doch eine Kugel sei. Dankbar sei er heute, "auch für meine Fragen, die unterdrückt, Antworten, die aus Unfähigkeit nicht gegeben wurden", das habe ihm geholfen, vieles selbst erkennen zu lernen.

Das erste astronomische Erlebnis Jaworeks war die Sonnenfinsternis im Jahr 1999. Gesehen hat er sie nicht. Aber er hat einen Radiodetektor in die Höhe gehalten, dessen Ton umso tiefer ging, je dunkler es wurde. "Ich hatte also ein technisches Hilfsmittel, um als Blinder die Sonnenfinsternis mit anderen zu erleben", erzählt er im Theater am Ring.

Die Übersetzung von Sehen in Hören ist entscheidend. Kirchenglocken lassen Jaworek die elliptischen Planetenbahnen hören in ihrem an- und abschwellenden Klang. Dann eigenartiges Brausen, Pfeifen, Brummen in der Kuppel: Wissenschaftler haben die Berechnung der Planetenbahnen, die Johannes Kepler im 17. Jahrhundert vorgelegt hat, in Computertöne umgesetzt. Sie machten die Bahnen hörbar, ganz im Sinne Keplers, der davon ausging, dass die mathematisch sehr harmonischen Bahnen wie Musik, Sphärenmusik, klingen müssten. Kepler, erklärt Jaworek, war, was man heute "stark sehbehindert" nenne. Gesehen habe er seine Planeten-Beobachtungen kaum. Er habe seine Schlüsse allein aus den Berechnungen von Daten gezogen. Auch Galileo Galilei sei irgendwann blind geworden, "wahrscheinlich, weil er zu viel die Sonne beobachtet hat".

Astronomie, unterstreicht Gerhard Jaworek, sei halt "inklusiv". Traurig, meint er dagegen, dass die Gebärdensprache für Gehörlose noch nicht einmal Zeichen für alle neun Planeten habe. Blinde könnten zumindest die Position von Sternen ertasten auf den Blättern mit der Braille-Blindenschrift, sagt er auf eine Zuhörerfrage. "Was Sternbilder sind, können wir uns trotzdem nicht vorstellen."

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Klaviermusik und nächtliche Landschaften Kosmische Welten ganz anders hörbar macht heute, Montag, 20 Uhr, Gabriella Brezòczki-Wedewarth: Sie spielt Klavier im Studio des Theaters. Zu Claude Debussy, Edvard Grieg, Astor Piazolla und anderen zeigt Gernot Meiser nächtliche Landschaften am Himmel und auf der Erde, die er zusammen mit Lebensgefährtin Pascale Demy aufgenommen hat. Eintritt: zehn Euro.

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