Sensationell: Henz gewinnt mit fast 64 Prozent

Saarlouis. Roland Henz (SPD), hat sich noch nicht ganz gefangen, als er sein Traumergebnis von 63,59 Prozent zur Kenntnis nimmt. Die Stimme versagt einen Augenblick ("der Hauswahlkampf"), er ringt um Worte. Mit diesem Ergebnis hat er nicht rechnen können

Saarlouis. Roland Henz (SPD), hat sich noch nicht ganz gefangen, als er sein Traumergebnis von 63,59 Prozent zur Kenntnis nimmt. Die Stimme versagt einen Augenblick ("der Hauswahlkampf"), er ringt um Worte. Mit diesem Ergebnis hat er nicht rechnen können. Doch schon im dritten Satz nach dem Dank an die Mitstreiter und Wähler geht er in die Offensive: "Ich sehe in diesem grandiosen Ergebnis eine Bestätigung meiner bisherigen Arbeit. Ich sehe aber auch eine Aufforderung, das fortzuführen, was ich mir vorgenommen habe. Das bedeutet auch eine klare Absage an ein weiteres Freibad." Und er bedankt sich bei CDU-Kandidatin Marion Jost "für den fairen Wahlkampf".

Die "hatte zumindest auf eine Stichwahl gehofft. Aber ich kann und muss das Ergebnis akzeptieren, die Wählerinnen und Wähler haben so entschieden. Offensichtlich sind unsere Themen nicht angekommen, oder wir haben unsere Leute auch gar nicht an die Wahlurne gekriegt - wenn ich mir die Wahlbeteiligung anschaue." Jost wirkt an diesem Abend erleichtert. Aus der Politik, gerade erst eingestiegen, wieder aussteigen? "Ich denke schon, dass ich ein bisschen Blut geleckt habe. Aber schau'n mer mal." Nach der Erfahrung des Wahlkampfes sage sie jedenfalls nicht "nie wieder".

Enttäuscht war hingegen Altomaro Locurcio von der FWG. "Enttäuschend für uns. Wir haben nichts falsch gemacht. Wir hatten als einzige ein eigenes Konzept. Jetzt muss Saarlouis mit diesem Ergebnis leben." Locurcio hat sein eigenes Wahlziel klar verfehlt. Gestern Abend kündigte er seinen Rückzug aus der Politik an. "Ich werde noch bis zum Ende der Wahlperiode im Stadtrat bleiben und nicht wieder kandidieren."

OB Henz bleibt nun im Amt, allerdings nicht die volle Wahlperiode von zehn Jahren. Er muss aus Altersgründen 2017 ausscheiden.

Gewählt hat gestern nicht einmal jeder zweite Saarlouiser: 42,8 Prozent von 29 242 Wahlberechtigten. Wer wählte, hatte sich bewusst dafür entschieden. Anna Wachter aus Beaumarais zum Beispiel war mit 98 Jahren die älteste Wählerin im Wahlbezirk 421 in Beaumarais. Zwar hat sie sich nie politisch engagiert, aber zur Wahl zu gehen, betrachtet die 98-Jährige als Bürgerpflicht. "Ich will, dass es uns gut geht", sagte sie gestern Mittag und war sich dabei sicher, das dafür richtige Kreuz gemacht zu haben. "Ich habe immer schon richtig gewählt", erzählte sie mit einem Augenzwinkern.

Julia Thilmann, 18, aus Roden stand gestern zum zweiten Mal vor der Wahlurne. "Gerade für uns junge Menschen ist es wichtig, die Stimme abzugeben", sagte sie. Themen, die Jugendliche betreffen, würden in Saarlouis vernachlässigt, sagte sie. Das habe bei ihrer Wahlentscheidung eine Rolle gespielt.

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Meinung

Desaster für Jamaika

Von SZ-Redakteur

Johannes Werres

Das Wahlergebnis lässt nichts zu deuten übrig: eine eindrucksvolle Bestätigung von Amtsinhaber Roland Henz. Fast 64 Prozent gegen drei Mitbewerber: ein Spitzenergebnis. Es spiegelt nicht allein ein grundsätzliches Einverständnis der Bürger mit der bisherigen Amtsführung wider. Es zeigt auch: Der SPD ist es gelungen, die eigenen Leute zur Wahl zu motivieren. Das lässt sich aus der Schere zwischen einer ziemlich niedrigen Wahlbeteiligung und dem hohen Ergebnis für Henz schließen. Die SPD findet weiter zu sich zurück.

Für die CDU und die Jamaika-Koalition ist das 24-Prozent-Ergebnis von Marion Jost ein Desaster. Es war nicht möglich, das schwarz-gelb-grüne Lager für eine kaum bekannte Quereinsteigerin zu begeistern. Wirklich überraschen konnte das indes nicht.

Das Wahlergebnis ist - trotz geringer Wahlbeteiligung - auf andere Weise auch eine kluge Bürgerentscheidung. Denn die übergroße Mehrheit entschied sich für einen Politiker. Politik ist die Kunst des Machbaren einerseits und der öffentlichen Auseinandersetzung andererseits. Sie ist eine eigene Qualifikation. Die fehlte den drei Gegenkandidaten auf die eine oder andere Weise. Henz sollte nun mit diesem Vertrauensbeweis in die Politik bewusst umgehen und ihn rechtfertigen.

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