Schwalbacher Ortsräte auf der Sparliste?

Schwalbach · Not macht erfinderisch: Weil die Gemeinde Schwalbach knapp bei Kasse ist, entwickelt Bürgermeister Hans-Joachim Neumeyer immer neue Ideen, wie es trotzdem weitergehen kann. Ein Weg ist da rigoroses Sparen.

Schwalbach. Die Ortsräte wegsparen oder zumindest die Anzahl ihrer Mitglieder reduzieren: Darüber denkt gerade der Schwalbacher Bürgermeister Hans-Joachim Neumeyer nach. Denn er braucht bei der angespannten Haushaltslage seiner Gemeinde ganz konkrete Spar-Ideen. Da kann er auch vor der Beschneidung bestehender kommunaler Strukturen nicht Halt machen.

"Ich möchte betonen: Ich will keine Demokratie abschaffen, ich will keine Kontrollgremien abschaffen, sondern ich will Bürgerbeteiligung hier", sagt Neumeyer. Aber letztere funktioniere auch über einen gestärkten Ortsvorsteher. "Der soll bei einer kompletten Streichung der Ortsräte auf jeden Fall bleiben. Er würde dann direkt gewählt, er braucht einen Sitz und eine Stimme im Gemeinderat." Dazu müsse eben das Kommunalselbstverwaltungsgesetz geändert werden. Dazu Neumeyer ganz genau: "Neben den einschlägigen Vorschriften des KSVG, das heißt der Paragraphen 70 und folgende, müssten das Kommunalwahlgesetz (KWG) und die Kommunalwahlordnung (KWO) vom Landesgesetzgeber geändert werden."

Einwohner könnten sich mit ihren Anliegen weiterhin an den Ortsvorsteher, aber auch an alle anderen Gemeinderatsmitglieder wenden. Dazu brauche niemand die Ortsräte, sagt Neumeyer. Kleine Entscheidungen, die diese heute träfen, könne ein Ausschuss in Schwalbach übernehmen und direkt in den Haushalt übertragen. Diese Lösung wäre Neumeyer die liebste. Denn, so rechnet Neumeyer vor: "Nach einer ersten sehr überschlägigen Kostenermittlung könnte man im Falle einer kompletten Streichung der Ortsräte zirka 50 000 Euro pro Jahr, für eine Legislaturperiode 250 000 Euro, einsparen."

Derzeit sitzen in allen drei Ortsräten jeweils 13 Mitglieder. Neumeyer schlägt vor, diese zumindest auf jeweils neun zu reduzieren, wenn man die Ortsräte schon nicht komplett streiche. "Allein diese Reduzierung spart auf eine Legislaturperiode hin, also über fünf Jahre, 30 000 Euro. Das ist Geld, das der Steuerzahler aufbringen muss und das die Gemeinde nicht hat."

Der Gemeinderat kann die Anzahl der Ortsratsmitglieder per Beschluss reduzieren. Darüber diskutieren derzeit angesichts leerer Haushaltskassen schon einige Kommunen im Saarland, zum Beispiel Heusweiler und Riegelsberg. Püttlingen beispielsweise hat die Ortsräte bereits abgeschafft. Auch das ist Sache des Gemeinde- oder Stadtrates.Foto: Gemeinde

PRO

Ein sinnvoller Schritt

Von SZ-Redakteurin Michaela Heinze

Bürgermeister Neumeyer soll sich nicht mit einer Verkleinerung der Ortsräte abspeisen lassen - komplett streichen! Sparen darf vor (kommunalen) Strukturen nicht Halt machen. Zum einen steckt hier oft viel Geld dahinter, das man besser investieren kann - mit 250 000 Euro in fünf Jahren lässt sich viel Sinnvolles tun. Zum anderen fällt es Einwohnern leichter, auf Dinge zu verzichten, wenn ausnahmslos alle sparen. Sinn und Verstand müssen beim Streichen oberstes Gebot sein. Dann leidet die Demokratie unter dem Wegfall der Ortsräte nicht. Die Ortsteile brauchen bloß Vertreter im Gemeinderat, die sich für sie einsetzen. So läuft's weiter wie bisher.

KONTRA

Schwalbach ist nicht überall

Von SZ-Redakteur Johannes Werres

Schwalbach ist nicht überall. Lokaljournalisten sitzen öfter mal in Ortsratssitzungen unter den Zuhörern. Und sehen: Wer in einen Ortsrat gewählt wird, kennt den Ort. Kann echte, unmittelbare Interessen der Bürger vertreten, und die Bürger können sie hier vorbringen. Ungeniert, ausnahmsweise ohne auf ein übergeordnetes Interesse zu achten. Die Regie des übergeordneten Interesses beginnt bekanntlich im Gemeinderat und verdrängt gelegentlich örtliche Sachkenntnis. Nicht in jeder Sitzung, aber oft streitet ein Ortsrat um das Richtige. Die Erdung der kommunalen Selbstverwaltung - sie soll uns bitte ein paar Tausend Euro im Jahr wert sein.

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