Ein Urgestein geht Schwaggi macht seine letzte Schicht

Saarlouis · Seit 54 Jahren mischt Schwaggi in der Saarlouiser Gastronomie mit. Am Dienstag macht er Schluss mit dem Wirteleben.

 Das Saarlouiser Gastronomie-Urgestein Schwaggi verlässt seine kleine Bierakademie in der Altstadt nach über 40 Jahren.

Das Saarlouiser Gastronomie-Urgestein Schwaggi verlässt seine kleine Bierakademie in der Altstadt nach über 40 Jahren.

Foto: Ruppenthal

„Schwaggi“ macht Schluss: Mit ihm geht ein Urgestein der Saarlouiser Gastronomie. 54 Jahre lang mischte er tatkräftig in der Kneipen-Landschaft mit, davon alleine 40 Jahre in der Altstadt. Viele kamen und gingen – Schwaggi blieb. Doch am Kirmes-Dienstag, 28. August, macht der 82-Jährige seine letzte Schicht.

1964 startete Schwaggi Hals über Kopf in den „Drei Lilien“ am Großen Markt seine gastronomische Karriere. Über dem früheren Central-Café in der Wallstraße geboren, sollte Ferdinand Schwagmeier – so heißt er richtig, was außer seiner Frau Ingrid wohl nur wenige wissen – eigentlich das elterliche Obst- und Gemüse-Geschäft weiterführen. Doch Koch zu sein war sein Traum: „Freitags habe ich zugesagt, es samstags meiner Frau erzählt und montags aufgemacht,“ erinnert sich „Schwaggi“ schmunzelnd an den Start. „Meine Frau hat fast einen Schlaganfall bekommen“, ergänzt er schelmisch.

1964 bis 1973 waren sie in den „Drei Lilien“ zu Gange, dann wechselte Schwaggi in die Kasematten bis 1978, anschließend führte er bis 1984 den „Wicküler Bierbrunnen“. Dann schlug die Geburtsstunde von „Schwaggis kleiner Bierakademie“ in der Sonnenstraße: Ein benachbarter Friseursalon wurde frei und Schwaggi baute ihn eigenhändig in eine stimmungsvolle Altstadtkneipe um. Die ist seitdem ein Markenzeichen, Treffpunkt für jung und alt – und bis auf den letzten Tag steht Schwaggi selbst in der Küche und kocht gut saarländische Gerichte. Auch allerlei Prominenz gehörte zu den Gästen, darunter der frühere Bundeskanzler Helmut Schmidt, Egon Bahr, seinerzeit Bundesminister für besondere Aufgaben, Liselotte Funcke von der FDP, ehemalige Vizepräsidentin des Bundestages, und natürlich fast alle früheren Saarlouiser Oberbürgermeister.

Mit 65 Jahren wollte der leidenschaftliche Gastwirt eigentlich aufhören: „Da war ich aber noch viel zu fit.“ Jetzt freut er sich auf den Ruhestand. „Noch“ betont Schwaggi, dem Tag „Null“ schaut er aber schon mit gemischten Gefühlten entgegen. „Eigentlich habe ich jetzt ja Betriebsferien,“ erzählt er weiter. Aber manchmal kommt es anders, als man denkt: Als er einen Besucher fragte: „Wollen sie nicht mein Haus kaufen?“, sagte der: „Nein, aber mein Freund.“ Aus dem Spaß wurde Ernst, und so wurde nichts aus den geplanten Betriebsferien. „Eigentlich wollte ich zum 1. Januar Schluss machen“ legt „Schwaggi“ nach und ergänzt: „Nur in welchen Jahr, das habe ich nicht gesagt.“

Doch jetzt wird es Ernst für das Urgestein der Saarlouiser Altstadt. Umgezogen ist er schon, hat mit viel Mühe die Kämpfe mit seinen Möbeln und dem viel zu engen Treppenhaus letztendlich für sich entschieden, und hat nun im Hochhaus am Ring ein deutlich ruhigeres Zuhause gefunden als bisher – nicht mit Blick auf die Altstadt, dafür aber auf die Kirche. „Der Palaver unten vor der Tür war manchmal nicht mehr zum Aushalten,“ meint Schwaggi. Das neue Namens- und Briefkastenschild musste er jedoch schon ändern: „Schwaggi“ stand da in großen Lettern. „Und der Hausmeister musste erst davon überzeugt werden, dass wir Schwagmeier heißen,“ amüsiert sich Ehefrau Ingrid.

„Ich werde wohl jetzt viel spazieren gehen. Hobbys habe ich ja eigentlich keine, dafür war vor lauter Arbeit keine Zeit“, führt der scheidende Wirt nachdenklich aus. In jungen Jahren gehörte er zu den Mitbegründern der Saarlouiser Woche, briet in der Anfangsphase komplette Ochsen am Spieß und machte mit seinen Aktionen das „Stadtfest“ salonfähig. Auch im Karneval war er einst aktiv, vornehmlich bei den „Hirle“ und im SKC „De Boules“. „Langeweile wird er keine bekommen,“ versichert Frau Ingrid. „Ich hab schon genügend Arbeit für ihn“, baut sie vor.

In „Schwaggis kleiner Bierakademie“ wird es weitergehen wie bisher: Dafür sollen Toni und Gerda sorgen, seit zehn beziehungsweise 20 Jahren schon dabei. Der neue Besitzer will sich im Hintergrund halten. „Alles bleibt wie bisher, selbst der Namen“, erklärt Schwaggi vor seinem Abschied, „aber wenn sie Murks machen, komme ich vorbei und schraube das Namensschild ab.“

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