Scherfs Alten-WG kommt an

Fraulautern · Im Alter allein in einem großen Haus oder Teil einer stützenden Wohngemeinschaft? Um diese Frage ging es bei einer Podiumsdiskussion mit Bremens Ex-Bürgermeister Henning Scherf.

 Bremens Altbürgermeister Henning Scherf ist ein beeindruckender Botschafter für alternative Wohnformen im Alter. Foto: J. A. Bodwing

Bremens Altbürgermeister Henning Scherf ist ein beeindruckender Botschafter für alternative Wohnformen im Alter. Foto: J. A. Bodwing

Foto: J. A. Bodwing

"Und dann merkt man, dass die Treppen immer steiler werden", sagte Oberbürgermeister Roland Henz zum Thema Wohnen im Alter. Im Vereinshaus Fraulautern begrüßte er etwa 280 Zuhörer zur Podiumsdiskussion "Alternative Wohnformen - Altersarmut macht erfinderisch". Begeistert berichtete Henning Scherf dort über gemeinschaftliches Wohnen. Der ehemalige Bürgermeister Bremens lebt mit seiner Frau Luise in einer Hausgemeinschaft. Nicht mal 50 waren Scherfs, da waren die Kinder schon aus dem Haus. Es begann eine Planungsphase "gemeinschaftliches Wohnen". Nach drei Jahren wurde ein leer stehendes Haus mit großem Garten in der Innenstadt gekauft und saniert. Inzwischen ist es abbezahlt.

Nicht allein futtern

"Das macht viel mehr Spaß, mit anderen zu essen, als immer alleine zu futtern", schwärmte Scherf. "Jeder hat seinen eigenen Teil im Haus", das schafft Rückzugsmöglichkeiten. Zehn Leute sind es aktuell, zwei Paare, der Rest Singles. Darunter jemand, der 620 Euro Rente hat. Also nicht nur ein Projekt für Wohlhabende. Die Nagelprobe kam nach zwei Jahren. Eine krebskranke Mitbewohnerin wollte nicht von Fremden versorgt werden. Das stemmte die Hausgemeinschaft ebenso wie kurz darauf bei deren ältestem und todkrankem Sohn - insgesamt sieben Jahre lang.

"Würden Sie sich das auch zutrauen, wenn jemand dement wäre?", lautete eine Frage aus dem Publikum. Es gebe viele Arten von Demenz, sagte Scherf, und "80 Prozent der Demenzkranken sind geeignet für ein solches Projekt".

Auf ein Wohnprojekt in Saarlouis verwies Roswitha Fischer, Sprecherin von "Wohnen mittendrin", in der anschließenden Podiumsdiskussion mit Moderator Mathias Winters von der SZ. Das hatte die GBS 2009 gebaut. Doch es brauche ein Umdenken bei Banken, Investoren und Wohnbaugesellschaft, sagte Fischer. Die seien überwiegend "sehr zurückhaltend". Investoren müssten noch "beweisen, dass sie nicht nur teure Etagenwohnungen bauen können", ergänzte Henz.

Das Wohnprojekt gegenüber dem Saarlouiser Rathaus war ursprünglich für 50plus gedacht, jetzt sei es 65plus, erklärte Knut Kempeni, Geschäftsführer der GBS. Mehr als fünf Millionen Euro wurden investiert. Aber "so was funktioniert nur, wenn die Leute mitmachen und ihren Anteil dazu beitragen".

VdK-Chef hat Bedenken

"Das klingt ja alles ganz wunderschön, was wir gehört haben", gab Peter Springborn zu bedenken, Landesgeschäftsführer des VdK Saar. Aber er schätzt, dass sich 80 bis 90 Prozent solch eine Wohnform gar nicht vorstellen können. Da heiße es eher, "einen alten Baum verpflanzt man nicht". In unserer Region müsse vielmehr nachgedacht werden über bessere Verkehrsanbindungen, Wohnberatung und technische Fragen. "Uns fehlen im Saarland etwa 30 000 barrierearme Wohnungen." Zwei Drittel der Frauen hätten eine Rente von 500 Euro, sagte eine Zuhörerin. Ob man damit solche Projekte initiieren könne. "Das geht", sagte Scherf.

"Hier sind bestimmt viele, die solchen Wohnraum suchen", sagte Zuhörer Dennis Rupp. "Aber sie fragen sich, wie komme ich da ran." Dazu überlegen derzeit Stadt und Kreis Saarlouis geeignete Formen für Kommunikation und Austausch. Aus dem Publikum kamen deutliche Signale, dass es weitergehen soll.

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