Quorn Hall wird zur Erinnerung

Dillingen. Was die 106 Schülerinnen und Schüler des Dillinger Albert-Schweitzer-Gymnasiums (ASG) bei ihrer Klassenfahrt im Herbst erlebten, war England aus dem Bilderbuch. Eddie Parker, ein Hausmeister ihrer Unterkunft, Quorn Hall in der Grafschaft Leicestershire im Herzen Englands, entpuppte sich als ein früherer Fahrer der Queen. Und als Liebhaber der englischen Geschichte

Dillingen. Was die 106 Schülerinnen und Schüler des Dillinger Albert-Schweitzer-Gymnasiums (ASG) bei ihrer Klassenfahrt im Herbst erlebten, war England aus dem Bilderbuch. Eddie Parker, ein Hausmeister ihrer Unterkunft, Quorn Hall in der Grafschaft Leicestershire im Herzen Englands, entpuppte sich als ein früherer Fahrer der Queen. Und als Liebhaber der englischen Geschichte. Er führte die Jugendlichen aufs nahegelegene Schlachtfeld von Bosworth. 1485 wurde hier die entscheidende Schlacht des "Rosenkrieges" geschlagen. König Richard III. verlor hier sein Pferd "Mein Königreich für ein Pferd!", lässt ihn William Shakespeare in seinem Drama "Richard III." ausrufen. Dann verlor Richard auch noch sein Leben. Zuerst in der benachbarten Abteikirche beigesetzt, verschwanden später seine Gebeine. Dachte man jedenfalls bis zu diesem Herbst.

Die ASGler wurden Zeugen archäologischer Begeisterung. Kurz vor ihrem Besuch waren die Gebeine in der Kirche wiedergefunden worden. Ergebnisse eines DNA-Tests sollen das bald bestätigen. "Und dann", erzählt Englisch-Lehrer Andreas Wandernoth, "bekommt Richard III. nachträglich ein Staatsbegräbnis."

Wandernoth und der frühere ASG-Lehrer Peter Bettinger, England-Experte und Quorn-Hall-Organisator, haben rund um Quorn Hall viele Bekanntschaften geknüpft wie die mit dem geschichtsbegeisterten Hausmeister Eddie Parker. Doch den ASGlern, die 26 Jahre lang herkamen, werden keine weiteren Schüler mehr nach Quorn Hall folgen. Die Grafschaft verkauft Quorn Hall.

"Ein hoher Anteil von Menschen mit Wurzeln in Indien, Bangladesch und Pakistan ermöglichte den Strukturwandel vom Kohleabbau in andere, nun florierende Wirtschaftszweige", sagt Bettinger. "Man orientierte sich zunehmend Richtung China und Indien. Zu Lasten der Beziehungen zum Saarland." Schon länger hätten sich in der Region keine Schulen mehr gefunden, an denen die ASGler am Unterricht hätten teilnehmen können.

In 30 Jahren haben laut Bettinger rund 50 000 junge Saarländer in dem Landschulheim gewohnt. Basis war ein Vertrag zwischen dem Saarland und der Grafschaft Leicestershire im Jahr 1976. An diesen Vertrag sind auch Landeszuschüsse für die England-Klassenfahrten gebunden. Sie fallen wohl zunächst ebenso weg wie der Knotenpunkt des Netzes mit vielseitigen Kontakten.

 Abschied: Diese ASGler waren im Herbst die letzten saarländischen Schüler in Quorn Hall. Foto: Ian Humphries

Abschied: Diese ASGler waren im Herbst die letzten saarländischen Schüler in Quorn Hall. Foto: Ian Humphries

 Abschied: Diese ASGler waren im Herbst die letzten saarländischen Schüler in Quorn Hall. Foto: Ian Humphries

Abschied: Diese ASGler waren im Herbst die letzten saarländischen Schüler in Quorn Hall. Foto: Ian Humphries

Vielleicht aber ist etwas zu retten. Derzeit laufen laut Bettinger Verhandlungen mit der Grafschaft. Als Quartier komme die letzte in Grafschaftsbesitz befindliche Gemeinschaftsunterkunft namens Beaumanor Hall infrage. Im malerischen Woodhouse, fünf Kilometer von Quorn Hall entfernt. Nur in bisschen weiter als ein Kanonenschuss entfernt vom Grab Richards III.

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