Politiker und Journalisten: "Manchmal kracht es eben"

Fraulautern. "Mal Freund, mal Feind" - über das Verhältnis zwischen Politik und Medien sprach Ilka Desgranges, langjähriges Mitglied im Deutschen Presserat, bei der Volkshochschule Saarlouis im Vereinshaus Fraulautern

Fraulautern. "Mal Freund, mal Feind" - über das Verhältnis zwischen Politik und Medien sprach Ilka Desgranges, langjähriges Mitglied im Deutschen Presserat, bei der Volkshochschule Saarlouis im Vereinshaus Fraulautern. "So verfeindet, wie das klingt, sind Politiker und Journalisten nicht", beschwichtigte die Leiterin der Regionaldirektion Mitte bei der Saarbrücker Zeitung gleich zu Beginn. "Manchmal kracht es eben, dann muss man es wieder regeln. Ein Gremium, in dem das geschieht, ist der Deutsche Presserat." Schon die Gründung des Presserates geht auf eine Auseinandersetzung von Politik und Journalismus zurück. 1956 wollte Bundeskanzler Adenauer die Pressegesetze verschärfen, nachdem sich der Schah von Persien über die Abbildung seiner Frau in der deutschen Presse beschwerte. Die Antwort der Branche: "Wir brauchen keine strengeren Gesetze, das können wir selbst regeln", sagt Desgranges.Ein Beispiel: Gerhard Schröder, nackt, mit Feigenblatt - das war das Titelbild einer Satirezeitschrift. "Das muss er sich gefallen lassen", sagt die Journalistin. Allerdings gibt es Dinge, die auch Politiker nicht ertragen müssen. So wurde Franz Müntefering über mehrere Wochen von einem Rechercheteam beobachtet, bis tief in seine Privatsphäre hinein. "Wie weit dürfen Journalisten gehen?", fragt sie. "Vor den Balkon? Über ihn? Ins Wohnzimmer hinein?" Aufgrund dieses Falles hat der Presserat neue Richtlinien ausgearbeitet, wie mit Personen des öffentlichen Lebens umzugehen ist.

Weiterer prominenter Fall ist der Mail-Box-Anruf des ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff beim Bild-Chef. Über die Berichterstattung, die letztlich zu seinem Rücktritt führte, beschwerte er sich nicht selbst, sondern verärgerte Bürger. "Die Berichte waren aber sauber recherchiert und ordentlich geschrieben", erklärt Desgranges. Ein Einschreiten des Pressrates war nicht von Nöten. Vielmehr sei es dabei um die Frage gegangen, ob man so mit dem Amt umgehen dürfe, wie die deutsche Presse es getan hat. "Für mich ist es ganz klar: Es gibt keine Amtsgrenze", antwortet sie. Trotzdem schätzt sie solche Anfragen an den Presserat: "Wir müssen die Pressefreiheit energisch verfechten, aber sie ist nicht grenzenlos. Deshalb muss man darüber reden." Ilka Desgranges: "Es ist wichtig, dass in einer Demokratie die freiwillige Selbstkontrolle in unserem Berufsstand funktioniert." ssch

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