Ole Wartlick hat bereits gespendetWofür brauchen wir eigentlich Stammzellen?

Saarbrücken/Körprich. Passen die Gewebemerkmale eines registrierten Spenders zu denen eines Leukämie-Patienten, dann kommt er als möglicher Lebensretter infrage. So erging es vor einigen Jahren auch Ole Wartlick aus Saarbrücken

 Im Life Science Labor der DKMS in Dresden werden die Blutproben typisiert. Foto: DKMS

Im Life Science Labor der DKMS in Dresden werden die Blutproben typisiert. Foto: DKMS

Saarbrücken/Körprich. Passen die Gewebemerkmale eines registrierten Spenders zu denen eines Leukämie-Patienten, dann kommt er als möglicher Lebensretter infrage. So erging es vor einigen Jahren auch Ole Wartlick aus Saarbrücken.Der heute 45-jährige Physiklehrer hat sich vor knapp zehn Jahren in seiner ehemaligen Firma Würth in Baden-Württenberg als potenzieller Stammzell-Spender registrieren lassen. "Dass ich wirklich einmal als Spender infrage komme, damit habe ich allerdings nicht gerechnet", gibt er zu. Doch knapp zwei Jahre später kam ein Brief. Er sei in der engeren Wahl, hieß es damals. Wartlick musste noch mal zum Arzt und sich Blut abnehmen lassen. "Jemand anderes war am Ende aber besser geeignet als ich." Noch zweimal bekam er einen Brief von der DKMS, doch jedes Mal fand sich ein anderer Spender. Beim vierten Mal hat es geklappt.

"Das war 2004. Da bekam ich wieder einen Brief, ging zum Arzt und dann ging alles sehr schnell", erinnert sich der Saarbrücker. Zwei Tage später rief ihn ein Mitarbeiter der DKMS an. "Jetzt sind Sie der Kandidat", lautete der ungefähre Wortlaut. Er kam als möglicher Stammzell-Spender infrage.

"Mir wurden zunächst die beiden Methoden erläutert, mit denen Stammzellen entnommen werden." Bei 80 Prozent aller Spender können die Stammzellen über die so genannte periphere Blutstammzellen-Entnahme gewonnen werden. "So war das auch bei mir", erklärt Wartlick. Die Zellen werden direkt aus dem fließenden Blut geholt. Dem Spender wird zuvor über fünf Tage hinweg ein körpereigener Wirkstoff verabreicht. Dieser bewirkt, dass vermehrt Stammzellen vom Knochenmark ins Blut geschwemmt werden. Danach werden die Stammzellen aus dem Blut gefiltert. Der Rest des Blutes kommt wieder zurück in den Körper. Das Ganze dauert rund vier Stunden und wird ambulant durchgeführt.

Bei rund 20 Prozent aller Fälle erfolgt die Entnahme direkt aus dem Knochenmark (nicht zu verwechseln mit dem Rückenmark). Dabei wird unter Vollnarkose mit einer Punktionsnadel aus dem Beckenkamm ein Knochenmark-Blut-Gemisch gezogen. Darin enthalten sind rund fünf Prozent des Knochenmarks eines Menschen. Nach etwa zwei Wochen hat sich das aber wieder neu gebildet. Bei diesem Eingriff entstehen in der Regel zwei kleine Schnitte und Einstiche im Bereich des hinteren Beckenknochens. Der Spender bleibt nach dem Eingriff noch einen weiteren Tag zur Beobachtung im Krankenhaus. Danach kann für einige Tage ein Wundschmerz entstehen, der sich wie eine Prellung anfühlt.

Als Ole Wartlick den Anruf von der DKMS bekam, war es an der Zeit, sich zu entscheiden, ob er wirklich spenden will. "Ich wollte gerne eine Nacht drüber schlafen. Das wurde mir natürlich auch gewährt." Vor allem wollte Wartlick mit seiner Schwester, einer Ärztin, reden. Denn damals war das Medikament für die periphere Blutstammzellen-Entnahme noch nicht offiziell zugelassen, im Gegensatz zu heute. Er musste also auf eigenes Risiko spenden. Die Schwester schaute sich die Liste der Inhaltsstoffe an und gab grünes Licht. Wartlick: "Da habe ich zugesagt."

Zunächst wurde ein Gesundheitsscheck gemacht. Rund zehn Tage später war die eigentliche Spende an der Reihe. "Vorher habe ich mir Zuhause fünf Tage lang das Medikament gespritzt. Das wollte ich selbst machen, die DKMS hätte aber auch eine Schwester geschickt." Danach wurde er nach Dresden zur Entnahme geflogen. Über Nacht blieb er in einem Hotel, um sich zu erholen, konnte dann wieder abreisen. "Das hat die DKMS alles sehr professionell organisiert", lobt Wartlick.

Für wen seine Stammzellen bestimmt waren, hat er erst nach der Spende erfahren. "Sie waren für ein 14-jähriges Mädchen aus Italien." Er schrieb ihr noch einen Brief, bekam aber zwei Monate später die Nachricht, dass die Patientin es leider nicht geschafft hat. Wartlick: "Da war ich schon enttäuscht." Eins ist ihm dennoch wichtig: "Ich habe getan, was ich konnte." Und eine Erinnerung hat er noch an die Zeit. "Ich trage noch heute die Frauenkirchen-Uhr, die ich mir damals in Dresden gekauft habe."

Ole Wartlick wird am Sonntag, 4. Dezember, auch bei der Typisierungsaktion für Dirk Schnubel und Andere in der Körpricher Michaelshalle dabei sein. Er steht dann für Informationen rund ums Thema Stammzell-Spende zur Verfügung.

Kreis Saarlouis. Stammzellen sind nach Angaben der DKMS Deutsche Knochenmarkspenderdatei die Mutterzellen für die roten und weißen Blutkörperchen sowie die Blutplättchen. Sie befinden sich vor allem im Knochenmark im Platten-Beckenknochen. Bei einem gesunden Menschen werden die Blutkörperchen in der richtigen Dosierung produziert und ausgeschüttet. Nicht so bei Leukämie, auch Blutkrebs genannt.

Angriff auf den Körper

Dabei handelt es sich um eine bösartige Krankheit des Blut bildenden Systems, bei der vermehrt weiße Blutkörperchen gebildet werden. Die weißen Blutkörperchen, auch Leukozyten genannt, sind eigentlich für die Abwehr von Infekten zuständig. Bei der Leukämie beginnen sie jedoch, den eigenen Körper anzugreifen. Werden gesunde Stammzellen implantiert, übernehmen diese die Blutbildung, sodass die einzelnen Blutkörperchen wieder in der richtigen Menge im Körper vorhanden sind. Gesunde Stammzellen sind deshalb entscheidend für die Heilung von Blutkrebs.

Was passiert bei Typisierung?

30 Prozent der Kranken finden einen geeigneten Spender innerhalb der Familie, der Rest muss sich national und international nach einem genetischen Zwilling umsehen. Die Chance eine Person zu finden, deren Gewebemerkmale nahezu 100-prozentig übereinstimmen, liegt zwischen eins zu 20 000 bei gängigen Merkmalen bis hin zu eins zu mehreren Millionen. Heute werden pro Tag bereits acht Spender vermittelt, das sind über 240 im Monat. Nach Angaben der DKMS finden deshalb mittlerweile 80 Prozent aller Patienten weltweit einen passenden Spender.

Bei der Typisierung oder Registrierung, wie am Sonntag, 4. Dezember, in Körprich, werden fünf Milliliter Blut abgenommen. Das Blut wird nach sämtlichen Gewebemerkmalen untersucht. Die Ergebnisse werden in einer nationalen Datei gespeichert und stehen in anonymisierter Form Suchzentren weltweit zur Verfügung.

Wer darf spenden?

Spenden kann jeder gesunde Erwachsene zwischen 18 und 55 Jahren. Es gibt auch Ausnahmen: Dazu gehören etwa Menschen, die an Diabetes, Rheuma oder Hepatitis B erkrankt sind. Außerdem von der Spende ausgeschlossen sind Personen mit starkem Über- oder Untergewicht, mit Krebs oder Erkrankungen des Herzens, der Lunge oder des Blut bildenden Systems. dög

dkms.de

Foto: Polizei

Foto: Thomas Seeber

"Ich habe nicht damit gerechnet, wirklich einmal als Spender infrage zu kommen",

Ole Wartlick

Auf einen Blick

Dirk Schnubel aus Körprich hat Leukämie. Bereits vor zehn Jahren erkrankte der heute 56-jährige Polizist. Nun ist die Leukämie zurück. Und dieses Mal hat Dirk nur durch eine Stammzelltransplantation eine Überlebenschance. Deshalb organisieren die Gewerkschaft der Polizei, Freunde und Familie gemeinsam mit der DKMS Deutsche Knochenmarkspenderdatei eine Registrierungsaktion: Sonntag, 4. Dezember, von zehn bis 16 Uhr in der Michaelshalle in Körprich. dög

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