„Ohne Staat geht es nicht“

Saarlouis · Zwei Tage verglichen Vertreter der Partnerstädte Avilès, Saint-Nazaire, Eisenhüttenstadt und Saarlouis: Wie sorgen andere Kommunen für bezahlbaren Wohnraum? Ein aktuelles Thema ist es jedenfalls für alle.

Zwei Pole leuchteten auf am zweiten Tag der Partnerschaftsgespräche in Saarlouis . Gekommen waren Saint-Nazaire und Eisenhüttenstadt, Partner von Saarlouis , und das spanische Avilès als Partner von Saint-Nazaire, um über sozialen Wohnungsbau zu reden. Der eine Pol: Bis 1990 seien eigentlich alle Wohnungen in Eisenhüttenstadt, damals über 50 000 Einwohner, Sozialwohnungen gewesen, sagte der dortige Stadtplaner Frank-Uwe Gerlach. Die DDR habe Eisenhüttenstadt als Wohnstadt für ein Eisen- und Stahlwerk neu konzipiert, die Mini-Mieten seien "zweite Lohntüte" gewesen. Bis 2013 hatte sich die Einwohnerschaft auf 27 000 fast halbiert. Seitdem wird vor allem abgerissen, von außen nach innen. Und die verbleibenden Wohnungen - unter anderem Deutschlands größtes Flächendenkmal - baue man auf die Bedürfnisse gerade alter und junge Menschen hin um, Grundriss inbegriffen. Nur gut 3700 der 16 400 Wohnungen gehörten heute Privaten - das Staatseigentum ging an eine Genossenschaft und vor allem die kommunale Eisenhüttenstädter Gebäudewirtschaft über, erklärte deren Geschäftsführer Oliver Funke. Miete im Schnitt fünf Euro/Quadratmeter. Der andere Akzent: Susanne Schwarz, Sozialdezernentin des Landkreises, machte deutlich, dass finanziell die Musik nicht dort spielt, wo mit Zuschüssen (saarlandweit 6,5 Millionen Euro) die Bereitstellung günstigen Wohnraums gefördert werde. Sondern dort, wo der Kreis (aus Mitteln der Umlage aller 13 Kommunen) Wohngeld zahle, um dem Einzelnen marktübliche Mieten zu ermöglichen. Subjektförderung statt Objektförderung, heißt das in der Fachsprache. Wohngeld werde ganz individuell ermittelt und sei effizienter und marktnäher. 7,4 Millionen Euro zahle der Kreis dafür über die Grundsicherung, weitere 3,5 Millionen Euro bei Hartz IV-Beziehern.

OB Roland Henz gestand im Fazit, er sei unsicher geworden, was besser sei. Und auch, ob "sozialer Wohnungsbau das richtige Wort ist, es hört sich nach Armut an, hat aber damit eigentlich nichts zu tun." So oder so, "ohne staatliche Förderung geht es nicht", fasste er aus den Beiträgen zusammen. Henz: Menschen wollten in den Städten wohnen und am Leben teilhaben - ein Reflex auf den integrativen Ansatz im sozialen Wohnungsbau , verknüpft mit anderen sozialen Diensten, in Avilès.

Für Saarlouis stellte der Geschäftsführer der Gemeinnützigen Bau- und Siedlungs-Gesellschaft (GBS), Knut Kempeni, gegenüber: In den vergangenen fünf Jahren sind in Saarlouis 375 Wohnungen zum Bau genehmigt worden. Es seien höherpreisige Wohnungen, Erstellung ab 2500 Euro/Quadratmeter, niedrige Zinsen, aber 40 Prozent mehr Baukosten in den letzten zehn Jahren. Falls vermietet wird: 8,50 bis 10 Euro Grundmiete. Zugleich aber stünden 430 Haushalte auf der Warteliste der GBS, weil die auf für sie bezahlbaren Wohnraum (GBS-Schnitt, fast alles modernisiert: 5,30 Euro) hofften. Die Nachfrage "ist in den letzten Monaten rapide gestiegen." Die GBS will zum Beispiel am Husarenweg in Saarlouis oder im Oberbruch in Lisdorf neu bauen. Sie hat rund 1000 Wohnungen im Bestand, in denen etwa sieben Prozent der Saarlouiser leben.

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