Notfalls landet der Streit ums Geld vor Gericht

Überherrn/Kreis Saarlouis · Der Hals ist zugeschnürt: Finanziell hat Überherrn keine Luft mehr zum Atmen, sagt Bürgermeister Bernd Gillo. Deswegen will die Gemeinde Widerspruch gegen die Höhe der Kreisumlage einlegen.

"Ich kann das nicht mehr verantworten", sagt Überherrns Bürgermeister Bernd Gillo . "Das" ist die Kreisumlage, die die Gemeinde Überherrn zu zahlen hat. Zu hoch ist die nach Überzeugung Gillos - und wie berichtet nach Ansicht der großen Mehrheit des Gemeinderats. 6,15 Millionen Euro hat Überherrn nach den Daten des Kreishaushalts für das laufende Jahr zu zahlen.

"Wir werden Widerspruch einlegen", sagt Gillo. Ein Anwalt ist dabei, diesen Widerspruch juristisch zu begründen, und in "etwa 14 Tagen" (Gillo) dürfte dieser der Kreisverwaltung zugestellt werden. Dann muss zunächst der Kreisrechtsausschuss (KRA) entscheiden. Weist dieser den Widerspruch ab, wird Überherrn vors Verwaltungsgericht ziehen.

Zwei wesentliche Aspekte nennt Gillo, die ihn zuversichtlich stimmen, dass die Gemeinde Aussicht auf Erfolg hat. Erstens "die Ungleichbehandlung" zwischen Überherrn und den anderen Kommunen. Während im Durchschnitt 7,4 Prozent mehr Umlage zu zahlen seien, seien es in Überherrn plus 12,1 Prozent. Zweitens könnten weder KRA noch gegebenenfalls das Gericht ignorieren, dass die Grenzland-Gemeinde mit dieser Belastung in die Insolvenz getrieben werde. "2019, 20 werden wir überschuldet sein. Alle Sparmaßnahmen seit knapp vier Jahren werden durch Erhöhungen der Kreisumlage aufgefressen", klagt Gillo.

Weder gegen Landrat Patrik Lauer persönlich noch gegen seine Verwaltung richtet sich laut Bürgermeister der Widerspruch. "Wir müssen etwas tun, sonst werden wir fremdgesteuert", sagt Gillo. Gegen das Land oder gar den Bund könne die Gemeinde nicht klagen, deshalb sei der Landkreis Adressat des Protests. "Auf jeden Fall muss ein anderer Verteilungsschlüssel her", sagt Gillo.

Lauer würde eigentlich lieber die schriftliche Begründung des Widerspruchs abwarten, ehe er sich im Detail dazu äußert. Was er aber bisher gehört hat, klinge "eher nach einer Mischung aus Hilflosigkeit und Verzweiflung". Das System sei leider nicht zu ändern: Der Kreis müsse sich nun mal über die Gemeinden über die Kreisumlage finanzieren. Und wenn ein Umlagebedarf festgelegt sei, müsse nach der Finanzkraft der Kommunen gezahlt werden.

Der Landrat möchte nicht spekulieren, wie KRA oder auch Gericht entscheiden. Der KRA könne aber nicht die Haushaltssatzung aufheben, sondern nur feststellen, ob der Haushalt formal korrekt erstellt und verabschiedet worden sei. "Und das Gericht kann meines Erachtens dann ebenfalls nur einen Streit zwischen Gemeinden und Kreis entscheiden", sagt Lauer.

Wenn also Gillo und der Überherrner Rat im Grunde auf eine ungerechte Verteilung der Finanzmittel durch das Land abzielten, müsse die Gemeinde gegen das Land klagen und nicht gegen den Kreis.

Eine ernstliche Bedrohung der finanziellen Leistungsfähigkeit der Städte und Gemeinden, sagt Lauer, "muss beim Kreis sozusagen ein rotes Lämpchen aufleuchten lassen". Rücksicht auf die Kommunen sei gefordert. Aber: "Rücksicht geht nur bei den freiwilligen Leistungen, und da sehe ich keine Spielräume", sagt Lauer. Viel gravierender ist aus seiner Sicht, dass das Land Kosten nicht vollständig erstattet, wenn die Kreise seine Aufgaben übernehmen, und Geld einbehält, das der kommunalen Ebene zustehe. "Meines Erachtens verfolgen Bürgermeister Bernd Gillo und der Überherrner Rat ein berechtigtes Anliegen. Aber sie haben sich den falschen Gegner ausgesucht", sagt Lauer. Er zöge es vor, "dass mal eine Gemeinde ernsthaft prüft, gegen das Land vorzugehen".

Meinung:

Widerspruch oder gar Klage? Es ist nichts Persönliches!

Von SZ-Redakteur Mathias Winters

Nichts Persönliches. Das sagen die Killer in den Filmen "Der Pate" gern mal vor dem tödlichen Schuss. Das sei rein geschäftlich. Nichts Persönliches, sagt auch Bürgermeister Bernd Gillo , zu seinem Widerspruch gegen die Festsetzung der Kreisumlage. Weder Landrat Patrik Lauer noch seine Verwaltung hat er im Visier.

Der Chef der Kreisverwaltung und seine Leute sollten Gillo das abnehmen. Denn im Grundsatz sind sich die Kontrahenten im aktuellen Streit einig: Das Land und der Bund schnüren Städten, Gemeinden und Kreisen die Luft ab. In Saarbrücken und Berlin sitzen die richtigen Adressaten für Widerspruch und Klage. Es geht zwar anders als in den Filmen über die Mafia nicht um Mord. Aber immerhin für viele Städte und Gemeinden ums Überleben. Es wäre rein geschäftlich, in aller Sachlichkeit mit allen Mitteln gegen die verdammt schlechte Finanzausstattung der kommunalen Ebene vorzugehen.

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