Spielspaß Neuling ärgere dich nicht, freu’ dich

Saarlouis · SZ-Reporterin spielt mal so mit beim „Mensch ärgere dich nicht“ und – schwuppdich – ist sie Landesmeisterin.

 Da war Konzentration gefragt: Einmal nicht aufgepasst und schon landet man wieder zu Hause. 20 Spieler nahmen an der saarländischen Meisterschaft in „Mensch ärgere dich nicht“ teil.

Da war Konzentration gefragt: Einmal nicht aufgepasst und schon landet man wieder zu Hause. 20 Spieler nahmen an der saarländischen Meisterschaft in „Mensch ärgere dich nicht“ teil.

Foto: leis/Tina Leistenschneider

Damit rechnete niemand bei der saarländischen Meisterschaft im „Mensch ärgere dich nicht“ in Saarlouis. Ich kam, um einen Einblick in eine Meisterschaft zu erlangen, und ging mit viel Glück als Siegerin aus dem Turnier hervor.

Aber alles auf Anfang:

Ohne jegliche Erwartungen greife ich in der ersten Runde zum Würfel, werfe eine Sechs und würfele gleich nochmal, um direkt weiterzuziehen. Sofort greift Sonja Aschenbrenner nach meiner Hand und meint: „So nicht!“ Ich schaue die Frau gegenüber verdutzt an. „Was war falsch?“, fragt neben mir meine Mitspielerin Gabi Hoffmann-Engelbricht. „Sie muss zuerst rücken und darf dann erst weitergehen“, erklärt mir Aschenbrenner – 2016 gewann sie die Deutsche Meisterschaft im Mensch ärgere dich nicht in Wiesloch, nach den offiziellen Wettkampfregeln wird auch in Saarlouis gespielt.

So passiert mir wenig später gleich wieder ein Fehler. Anstatt einen Konkurrenten mit meiner Figur zu schlagen, rücke ich nichtsahnend weiter. Meine Figur, die den Fehler gemacht hat, muss kurz vorm Stall wieder zurück nach Hause. „Schlagen ist oberste Pflicht“, ermahnt Aschenbrenner.

Diese Regel gilt auch, wenn ein Spieler mit einer Sechs sein Haus verlassen, aber zeitgleich jemanden schlagen könnte. Auch gilt: „Berührt ist geführt“ – ein Blick zu wenig, ein Griff zu viel und schon lernt man, künftig besser zweimal zu schauen.

Fällt eine gelbe Figur durch Grün, ist diese wenig später wieder weg. „Wie du mir, so ich dir“, erinnert Hannelore Langerwesch, „ich räume mir alles aus dem Weg“, sagt sie lachend. „Ich lösche dich bei Facebook“, droht Aschenbrenner ihr verschmitzt an.

Die älteren Damen spielen jedes Jahr zusammen in der Meisterschaft. Von sieben bis 70 ist an diesem Tag jedes Alter vertreten.

In der Zwischenzeit schaut Aschenbrenner genauer hin. Sowohl ein Gelber als auch ein Grüner stehen vor ihrer Nase, mit ihrer gewürfelten Zwei kann sie beide schlagen. „Dann wird es taktisch“, sagt sie, ihr gefällt das Spiel, „weil es nicht zu beeinflussen ist“. So kann sie es auch nicht verhindern, dass ich mir den ersten Sieg sichere.

In der zweiten Runde mache ich gleich dreimal hintereinander einen Fehler und muss zurück. Von Ärger jedoch keine Spur. Wer mitmacht, merkt schnell: Den 20 Teilnehmern geht es nicht ums Gewinnen, der Spaß steht im Vordergrund, ebenso das Zusammensein. Auch ich merke das als Neuling und befördere mit viel Glück wieder als erster alle vier Figuren in den Stall.

Gespielt wird an fünf Tischen mit je vier Spielern, die Farben werden zugelost. Eine Runde dauert 50 Minuten, das Finale 60 Minuten. In der dritten Runde regt sich mein Kampfgeist. Mein Ziel: Das Finale.

Allerdings machen es mir meine Mitspieler nicht leicht. Mit dabei ist auch der amtierende deutsche Meister, Klaus Stadelmeier. Ob er einen Trick kennt? „Nein, es entscheidet bloß das Glück“, meint er, ehe er sich den Sieg der Partie sichert. Ich lande auf Platz zwei und gehe mit 13 Punkten sicher ins Finale.

In dem ist höchste Konzentration gefragt. „Noch eine halbe Stunde Zeit“, verkündet die Stimme von Frank Engel, Vorsitzender des Veranstalters Schachclub Rochade Saarlouis, aber auf die Zeit achtet keiner. Zu spannend ist das Spielbrett vor ihnen, zu spannend die Frage, wer es zuerst mit allen vier Figuren in den Stall schafft.

Um unseren Tisch drängen sich die Zuschauer und verfolgen jeden Zug. Kurz vor dem Sieg stehen Heidi Böttcher mit ihren roten und ich mit meinen grünen Figuren. Uns fehlt nur noch eine Eins für den Sieg, doch Selzer und Stadelmeier rücken uns mit Schwarz und Gelb auf die Pelle.

„Los, eine Vier oder eine Zwei!“, rufen die Zuschauer, die erwartungsvoll auf den Würfel blicken – bei welcher Zahl bleibt er stehen?

Es ist ein Bibbern und Zittern, über zehn Runden lang werfen weder Böttcher noch ich die ersehnte Eins, währenddessen sitzen uns unsere Kontrahenten dicht im Nacken. Ich merke selbst: Meine Hände werden kalt und verschwitzt, ruhig bin ich innerlich schon lange nicht mehr. Und es kommt schließlich, wie es muss: Einer unserer Mitspieler würfelt und eine Figur vorm Stall fällt – allerdings ist es nicht meine, sondern die von Heidi Böttcher. „Das gehört dazu“, sagt sie gelassen. Gefährlich werden mir jetzt noch der amtierende Weltmeister, Patrick Selzer, und Stadelmeier, doch das Glück ist mir hold. Mit einem Wurf bekomme ich endlich eine Eins und rücke ins Ställchen. Spiel vorbei, ich habe gewonnen und nehme den Siegerpokal mit nach Hause.

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