Nachtschicht hinter Panzerglas "Keiner glaubt's, aber ich will nur nachts arbeiten"

Saarlouis. Der junge Mann hinter der dicken Glasscheibe ist unerbittlich. Ausweis? Presseausweis? Jetzt, um drei Uhr nachts, könne ja jeder kommen und behaupten, Reporter zu sein. Und ein Reporter sei zwar angekündigt, aber den kenne er ja nicht. Schließlich öffnen sich die Türen der Aral-Tankstelle in der Metzer Straße in Saarlouis und schließen sich wieder

Saarlouis. Der junge Mann hinter der dicken Glasscheibe ist unerbittlich. Ausweis? Presseausweis? Jetzt, um drei Uhr nachts, könne ja jeder kommen und behaupten, Reporter zu sein. Und ein Reporter sei zwar angekündigt, aber den kenne er ja nicht. Schließlich öffnen sich die Türen der Aral-Tankstelle in der Metzer Straße in Saarlouis und schließen sich wieder. "Hier kommt so schnell keiner rein", sagt Nils Heber, 21. Er selbst, zehn Stunden Nachtschicht, darf auch nicht raus. Nicht, nachdem der Betrieb nur noch über den Schalter mit der dicken Scheibe läuft und so lange, bis die Türe wieder offen ist. Halb fünf, fünf Uhr. Sicherheit steht ganz vorn im Nachtbetrieb der Tankstelle.Nachts verkauft die Tankstelle alles das, was sie tagsüber auch verkauft, Ausnahme: Was nicht in die Lade passt, die die Ware heraus- und die Bezahlung hereinschiebt. "Kasten Bier geht nicht." Heißer Kaffee schon, und um diese Uhrzeit sind, wie heute, auch schon mal die Brötchen fertig. Alle paar Minuten kommt ein Auto. Die meisten Fahrer zapfen kein Benzin, sondern verlangen nach Tabak, Getränken, Süßigkeiten. Nils Heber kennt schon nach der kurzen Zeit, die er hier arbeitet, viele von ihnen. Vor allem die Taxifahrer. Und für alle hat er ein freundliches "Guten Morgen" parat. Stammkunden gebe es nachts, sagt er. Und er meint nicht die schwierigen Kunden, die sich zuweilen übel aufführen,wie er berichtet. "Das sind viele nette, man unterhält sich ein bisschen." Eine Kollegin hat mit dem Brötchenbacken begonnen. Das Innere der Tankstelle ist sorgfältig geputzt. Nils Heber hat die Regale mit den Waren aufgefüllt. Es fehlen nur noch die Zeitungen. Verschnaufpause.

"Es glaubt ja keiner, aber ich will bloß nachts arbeiten. Ich lebe nachts", sagt der 21-Jährige, der aus Sachsen kommt. Zwölf Nächte im Monat, Teilzeit, "mir genügt das. Ich arbeite, um zu leben und nicht umgekehrt." Zu seinem Leben gehöre vor allem Musik, erzählt er: Gitarre, Schlagzeug, Klavier spiele er.

Hintergrund

Arbeit ist ein Räderwerk, das niemals still steht. Rund um die Uhr wird irgendwo gearbeitet. Viele Tätigkeiten greifen ineinander, um die Wirtschaft und unser tägliches Leben am Laufen zu halten.Die SZ geht vor Ort zu den Menschen, die Tag und Nacht arbeiten. So entsteht ein Mosaik der Berufswelt in unserer Region rund um die Uhr. Und im Stundentakt: SZ-Journalisten besuchen Männer und Frauen für je eine Stunde an ihren Arbeitsplätzen und berichten darüber. red

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