Musiker brechen das Schweigen

Fraulautern · Für das Leben und gegen Rechts hat die Band Microphone Mafia am Mittwoch in Fraulautern Stellung bezogen. Sie trat gemeinsam mit Esther Bejarano auf, die als Zeitzeugin regelmäßig über ihre KZ-Zeit berichtet.

 Esther Bejarano gastierte mit der Microphone Mafia im Vereinshaus Fraulautern. Foto: Carolin Merkel

Esther Bejarano gastierte mit der Microphone Mafia im Vereinshaus Fraulautern. Foto: Carolin Merkel

Foto: Carolin Merkel

Als Esther Bejarano am Mittwochabend auf der Bühne im Vereinshaus Fraulautern nach zwei Stunden Bühnenpräsenz ganz vehement das Stück "Wir leben trotzdem" singt, zeigt sie allen, dass sie ihren Auftrag nicht vergessen hat. Den hat sie damals als junges Mädchen im Orchester des Konzentrationslagers Auschwitz von ihren Freundinnen bekommen. Sie soll den Menschen von den Gräueltaten der Nazis erzählen, auch heute, im Alter von 90 Jahren, verfolgt sie dies mit all ihrer Kraft.

Zeitzeugen, die von ihrem Überlebenskampf im KZ berichten, lassen das Publikum ganz still werden. Auch bei Bejarano, seit vergangenem Jahr Ehrenbürgerin der Stadt Saarlouis (sie ist als Esther Loewy 1924 in Saarlouis geboren worden), verschlägt es den Zuhörern den Atem, als sie mit sehr fester Stimme aus ihrem Buch "Erinnerungen" vorliest. Es sind die Erinnerungen an ein dunkles Kapitel in ihrem Leben, von der Deportation nach Birkenau im April 1943 bis zur Befreiung durch die Amerikaner Anfang Mai 1945.

Als Häftling 41 948 entwickelt Bejarano dank ihres musikalischen Talents eine Überlebensstrategie, lernt Akkordeon, Flöte und schließlich Gitarre, ist Mitglied im Orchester . Kaum vorzustellen ist die Qual, die sie und ihre Musikerfreundinnen ertragen, wenn sie bei der Ankunft eines neuen Viehwaggons im Sammellager spielen müssen. Doch die Musik ist es auch, die Bejaranos großen Überlebenswillen widerspiegelt. Und so steht sie nicht nur auf der Bühne, um aus ihrem Buch vorzulesen, sondern auch, um gemeinsam mit der Microphone Mafia ganz klar politisch Stellung zu beziehen.

"Per La Vita - für das Leben", dafür stehen die Musiker der Band, Rap gegen Rechts, das hatten sich die Musiker um Kutlu Yurtseven aus Köln bei ihrer Gründung 1989 auf die Fahne geschrieben. Sie bezogen Stellung gegen die Anschläge, die 1993 unter anderem Solingen erschütterten. Aber auch die Morde zehn Jahre später in unmittelbarer Nachbarschaft von Yurtseven gaben der Band den Impuls, noch aktiver gegen das Schweigen von Gesellschaft und Politik vorzugehen.

"Mit Esther Bejarano haben wir einen Menschen gefunden, der uns hilft, all die Schrecken in die passenden Worte zu fassen", sagt der Rapper, der längst von Esther "eingeenkelt" ist. Zusammen stehen sie auch heute, im Jahr 2015, auf der Bühne, um klar ihre Meinung zu sagen.

"Die vielen ehrenamtlichen Helfer in den Flüchtlingsunterkünften, sie sind ein Zeichen dafür, dass das Schweigen aus den vergangenen Jahrzehnten langsam bröckelt", erklärt er. "Es geht um Wahrheit und Gerechtigkeit", nur einer von zahlreichen beeindruckenden Songs, die Esther Bejarano mit der Microphone Mafia in ihre Heimat mitgebracht hatte.

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