Mehr Frauen in Führungspositionen als Ziel

Saarlouis · Der Landkreis Saarlouis bildet mit elf lokalen Unternehmen eines von zehn „Regionalen Bündnissen für Chancengleichheit“ in Deutschland. Seit 2012 läuft das vom Bundesfamilienministerium geförderte Projekt. Zwei Drittel der Förderdauer sind vorbei: Zeit für eine Zwischenbilanz.

Seit gut zwei Jahren ist der Landkreis Saarlouis als "Regionales Bündnis für Chancengleichheit " eines von zehn bundesweit. Jürgen Pohl, Geschäftsführer des Wirtschaftsförderungsverbands Untere Saar (Wfus), und Astrid Brettnacher, Frauenbeauftragte des Kreises, steuern das Bündnis vor Ort - und ziehen nach zwei von drei Jahren eine Zwischenbilanz der Projektarbeit.

"Dass wir eines von zehn Bündnissen deutschlandweit wurden, war für uns schon ein Riesenerfolg - als einzige Kommune im Saarland und in Rheinland-Pfalz", erinnert sich Brettnacher. Mit zwölf Unternehmen aus dem Kreis startete das Bündnis 2012 - zwei davon sind inzwischen ausgestiegen, eines ist neu dazugekommen. "Oberstes Ziel ist für uns, mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen", fasst Brettnacher zusammen, "wie das jeweils in den Firmen geschehen soll, ist natürlich abhängig von der Größe und der Branche. Zum Beispiel fehlen in der Baubranche die Frauen von Anfang an, im Einzelhandel oder in den Krankenhäusern arbeiten viele Frauen, sie stoßen dann aber auf der Karriereleiter irgendwann an die so genannte ,gläserne Decke'". Ein Entgegenkommen bei der Kinderbetreuung, interne Weiterbildung, gezielte Ansprache und Förderung junger Frauen nennt Brettnacher als Beispiele dafür, was Unternehmen tun können.

Begleitet werden die rund 100 Firmen bundesweit, die sich in den Bündnissen engagieren, aber auch verpflichtet haben, mit Workshops, Diskussionsrunden, Infoveranstaltungen oder Kampagnen wie der im Landkreis Saarlouis : "Kein Mädchen für alles". Eine "Sensibilisierung" für die Probleme, die Frauen an der Übernahme von Führungspositionen hindern, sei der größte Erfolg bisher, meinen Pohl und Brettnacher - aber ein kaum messbarer.

Eine "kritische Bilanz" zieht Pohl mit Blick auf die Beteiligungsmöglichkeiten kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU): "Da ist noch Luft nach oben. Die Hürden für kleinere Unternehmen sind noch recht hoch. Bisher standen die großen Unternehmen bundesweit im Vordergrund, da haben wir mehr Praxisbezug eingefordert." Den Blick vermehrt auf die KMU zu lenken und den Gedanken der Chancengleichheit auch dorthin weiterzutragen, zum Beispiel beim Thema Nachfolge in Handwerksbetrieben, nennt Pohl als Ziel für die nächsten Jahre - über die Projektlaufzeit hinaus. Denn die Förderung endet im Herbst 2015. Eine Verlängerung ist zwar, mit Initiative des Saarlouiser Landkreises gefordert worden, aber noch offen. "Wir in Saarlouis werden auf jeden Fall am Ball bleiben", verspricht Pohl. "Wir haben das klare Signal gegeben: Bitte weitermachen. Denn die Nachhaltigkeit ist nicht automatisch gegeben." Und Brettnacher ergänzt: "Es wäre auch schade, wenn die ganzen Maßnahmenkataloge, die in den Bündnissen erarbeitet worden sind, und die Erfahrungen verlorengingen."

In einer Interviewreihe stellt die SZ wöchentlich erfolgreiche Frauen aus den am "Regionalen Bündnis für Chancengleichheit " beteiligten Unternehmen vor. Heute erscheint der erste Teil der Reihe. >

Meinung:

Das Ziel ist noch lange nicht erreicht

Von SZ-Redakteurin Nicole Bastong

Wie erfolgreich das "Bündnis für Chancengleichheit " in Saarlouis arbeitet, ist in Zahlen schlecht messbar: Innerhalb von zwei, drei Jahren wird es kaum dazu kommen, dass plötzlich in den Unternehmen nur noch Frauen aufsteigen. Das ist schlichtweg unrealistisch. Aber bestimmt trägt die Bündnis-Arbeit, sicherlich auch die Kampagne "Kein Mädchen für alles", dazu bei, das gesellschaftliche Umdenken zu beschleunigen. Denn es gibt noch immer viele Vorbehalte gegenüber Frauen, die erfolgreich im Beruf sind, aber auch gegenüber Männern, die sich mehr um ihre Familie kümmern wollen.

Deswegen wäre es sehr wünschenswert, wenn die Bündnisse über 2015 hinaus weiterarbeiten würden. Denn das Ziel ist erst dann erreicht, wenn keine Frauenförderung mehr notwendig ist. Wenn es für alle selbstverständlich ist, dass eine Mutter die Chefin ist. Dass die Tochter den Handwerksbetrieb übernimmt. Oder dass ein Vater ein Jahr Elternzeit nimmt und in Teilzeit zurückkehrt.

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