Leserbrief Versuchskaninchen der Nation

Zum Artikel „Saarlouiser Strommesser werden smart“, SZ vom 19. Januar

So kommen wir Saarlouiser in den zweifelhaften Genuss, bundesweit als Erste mit einem Netz von digitalen Spionagestromzählern überzogen zu werden. Bis heute ist meines Wissens noch kein einziger „Smart Meter Gateway“ (bzw. eigentlich nur der Gateway) vom BSI zertifiziert, das heißt, die zur Verfügung stehenden Systeme sind unsicher und die Daten von bis zu zwei Jahren sind für kriminelle oder neugierige Zwecke abzugreifen. Schwachpunkte gibt es genug, beim Stromversorger, dem Netzbetreiber oder dem Messstellenbetreiber und die 128bit-Verschlüsselung mag heute noch halbwegs sicher sein, aber niemand weiß, ob das in zwei Jahren auch noch so ist, dann sind die Zähler aber noch in Betrieb. Ganz zu schweigen von frustrierten Mitarbeitern, die vielleicht einen USB-Stick mit sensiblen Daten mitgehen lassen, im vermeintlich sicheren Bankenbereich schon zigfach geschehen.

Die Stadtwerke haben auch noch nicht verlauten lassen, ob die Zähler nur unidirektional (es können nur Daten wie Zählerstand oder Stromverbrauch sekündlich versandt werden) oder vielleicht sogar bidirektional (also auch Zugriff von außen) funktionieren.

Bei 1500 Kunden nur ein Widerspruch. Warum nur? Weil niemandem reiner Wein eingeschenkt wird und nur von den vermeintlichen Vorteilen gesprochen wird. Im Ausland gab es mit Smart Meter-Gateways schon einige Datenskandale.

Für den Kunden bedeuten die neuen Zähler nur höhere Kosten und die Gefahr, dass ihm der Strom per Mausklick abgestellt werden könnte, weil er seine Rechnung nicht zahlt oder weil er als Stromverschwender gilt. Wer solch einen Zähler mit all seinen Möglichkeiten möchte, ok, aber die Geräte zwangsweise einbauen zu lassen, hat doch schon diktatorische Züge – und die Saarlouiser sind die Versuchskaninchen der Nation.

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