Leberklöße und viele warme Worte

Saarwellingen · Die Menschen werden immer älter, doch wie das Leben im Alter meistern, wie zufrieden alt werden? Dabei spielt das Thema Pflege eine zentrale Rolle. Wie kann sie aussehen, wie gehen Angehörige mit der Belastung um? In unserer Serie widmet sich SZ-Redakteurin Laura Blatter Menschen und Geschichten rund um dieses Thema. Heute: Essen auf Rädern.

 Rosi Schmidt liefert für den DRK-Kreisverband Saarlouis seit 19 Jahren Essen aus. Foto: Thomas Seeber

Rosi Schmidt liefert für den DRK-Kreisverband Saarlouis seit 19 Jahren Essen aus. Foto: Thomas Seeber

Foto: Thomas Seeber

"Ping" - ein kurzes Signal ertönt und Rosi Schmidt drückt auf einen Knopf oberhalb ihres Rückspiegels. "Essen ist fertig", sagt sie mit einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen, als sei sie selbst die Köchin. Ist sie ja auch - in gewisser Hinsicht. Zumindest bedient sie hinterm Steuer sitzend per Knopfdruck die drei Öfen, die in ihrem Lieferwagen, dem so genannten Frische-Mobil, eingebaut sind. Es ist jetzt 9.35 Uhr.

Seit 19 Jahren schon fährt die 60-Jährige aus Eimersdorf für den DRK-Kreisverband Saarlouis Mittagessen aus. 95 Kilometer legt sie in rund vier Stunden zurück. 26 Kunden im Kreis Saarlouis beliefert sie.

So langsam riecht es im Auto nach Essen, nicht penetrant, aber doch so, dass man Appetit bekommt. Eine Stunde lang gart das tiefgekühlte Gericht im Auto-Ofen. Kommt das Frische-Mobil beim Kunden an, ist das Essen verzehrfertig.

Leberklöße auf Sauerkraut stehen heute auf dem Speiseplan. Wahlweise auch Klopse Königsberger Art, Apfelpfannkuchen oder Putenbraten in feiner Sahnesoße. Zur Vorspeise wird eine Brokkolicremesuppe gereicht, zum Dessert Pudding. Vor einem Haus in Körprich hält Rosi mit dem Frische-Mobil still. Hinterm Fenster wackelt die Gardine. Der Kunde hat Rosi schon entdeckt. "Die meisten warten schon auf mich. Ich komme meist zur gleichen Zeit", sagt sie, nimmt das bestellte Essen aus dem Ofen im Kofferraum und packt es in eine Thermobox. Ein älterer Mann am Rollator öffnet die Tür, nimmt die Box entgegen. "Danke und bis morgen", sagt er, drückt Rosi freundlich an der Schulter und winkt.

Rosi kennt ihre Kunden , ihre Krankheitsgeschichten, familiäre Dramen und mehr. Die meisten sind 75 plus. Für viele ältere Menschen ist Rosi am Tag der einzige soziale Kontakt. "Die meisten sind froh, wenn sie mich sehen. Dann wollen sie gerne noch ein bisschen plaudern und erzählen. Das geht aber nicht immer, sonst komme ich in Verzug", meint sie. Bis 13 Uhr müssen alle Essen ausgeliefert sein.

Hier und da nimmt sich die 60-Jährige dann doch fünf Minuten Zeit. So auch in Niedersaubach, mittlerweile ist es 10.30 Uhr. Eine Mittachtzigerin öffnet die Tür. "Ach ist es heute so kalt, ich wollte gar nicht aufstehen", meint die kleine, doch rüstige Frau. Und schiebt gleich hinterher: "Moment, Sie kriegen noch Ihr Leckerli." Sie kramt kurz in der Küche, kommt dann mit einer kleinen Tafel Schokolade zurück. "Ich bin ja so froh mit Ihnen", sagt sie zu Rosi. Vor Kurzem habe sie sich den Arm gebrochen und konnte nicht kochen. Der Menüservice des DRK habe ihr die Situation erleichtert. "Ich bin ja eigentlich wieder fit, aber es ist so schön bequem", fügt sie mit einem Augenzwinkern an.

Die Fahrt geht weiter über Land nach Thalexweiler. Im Auto erzählt Rosi, dass sie den Kontakt mit den Senioren schätzt. "Ich will das hier so lange machen, wie es geht. Ich liebe es auch Auto zu fahren, besonders im Herbst, wenn es draußen so schön bunt ist. Manchmal sehe ich Fasane oder Eichhörnchen", erzählt sie. Im Winter sei es schon manchmal hart, "da bin ich schon oft mit dem Auto stecken geblieben. In Diefflen musste die Polizei mich mal rausziehen", lacht Rosi.

In Thalexweiler holt sie gegen 10.50 Uhr eine Thermobox ab. Die Kundin hatte am Tag zuvor zum ersten Mal bestellt, überzeugt hat sie das Essen nicht. "Mir hat es einfach nicht geschmeckt", sagt die ältere Frau und zuckt entschuldigend mit den Schultern. "Das ist eben Geschmackssache", entgegnet Rosi freundlich.

Ihre Tour führt die DRK-Mitarbeiterin noch gut zwei Stunden über die Dörfer im Kreis Saarlouis , bis sie gegen 13 Uhr wieder beim Kreisverband in Saarwellingen ankommt. Dann heißt es auch für sie: Mittagszeit. "Für mich kocht aber mein Mann", meint Rosi und lächelt zufrieden.

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Auf einen BlickDer DRK-Kreisverband Saarlouis bietet täglich von Montag bis Sonntag einen so genannten Menüservice - auch bekannt als "Essen auf Rädern" - an. Das Essen wird tiefgekühlt von der Firma apetito in Nordrhein-Westfalen nach Saarwellingen angeliefert. Im Ofen im Frische-Mobil des DRK werden die Gerichte dann eine Stunde lang gegart. In einer Thermobox hält sich das Essen nach Auslieferung nach Angaben des DRK rund zwei Stunden heiß. Seit 2007 arbeitet der Kreisverband Saarlouis mit diesem System. 13 Autos wurden entsprechend umgerüstet und mit Öfen ausgestattet. "Wir waren in Deutschland die Ersten, die mit diesem System gearbeitet haben, im Saarland sind wir es immer noch", sagt Aljoscha Struck, stellvertretender Kreisgeschäftsführer. Im Menüservice beschäftigt das DRK 32 Mitarbeiter auf 400-Euro-Basis. Im gesamten Saarland beliefert der Kreisverband 300 Kunden .Täglich können die Kunden zwischen vier Gerichten wählen, Suppe für 1,30 Euro und Dessert für 0,37 Euro können dazugebucht werden. Die Preise für die Hauptgerichte liegen zwischen 5,65 Euro und 7,45 Euro. Kontakt zum Menüservice: Telefon (0 68 38) 98 09 48. bla

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