Landrat Lauer über Corona im Kreis Saarlouis „Den Schulen droht Lockdown durch die Hintertür“

Kreis Saarlouis · Müssen alle Schüler einer Klasse in Quarantäne, wenn einer infiziert ist? Landrat Patrik Lauer plädiert für eine andere Strategie.

 Nicht nur Mund-Nasen-Schutz soll helfen, dass Kinder weiter in die Schule gehen können.

Nicht nur Mund-Nasen-Schutz soll helfen, dass Kinder weiter in die Schule gehen können.

Foto: dpa/Gregor Fischer

„Wir müssen uns für die Schulen eine andere Strategie überlegen“, meint Landrat Patrik Lauer. Zu viele Schüler und Lehrer würden derzeit in Quarantäne geschickt, zu viele „unnötige Tests“ durchgeführt: „Uns droht ein Lockdown durch die Hintertür an den Schulen“, sagt Lauer, diese stünden bald auch ohne offizielle Schließung leer. Der Landrat plädiert deswegen für eine „individuellere Betrachtung“: „Wenn ab Klasse 5 auch im Unterricht eine Mund-Nase-Bedeckung getragen werden muss, wenn Lüftungs- und Hygienekonzepte konsequent eingehalten werden, dann muss nicht unbedingt bei einem Fall die ganze Klasse in Quarantäne geschickt werden, sondern nur die Schüler, die näheren Kontakt hatten“, findet er. Die bisherige Erfahrung bei Infektionsfällen an den Schulen im Kreis Saarlouis zeige, dass sich Infektionen sehr selten in den Schulen ausgebreitet hätten. „Wir müssen einfach genauer hinschauen, wen wir in Quarantäne schicken“, sagt Lauer, „es geht hier auch um ein Recht auf Bildung und die Folgen des ständigen Ausfalls.“ Zudem würden Testkapazitäten knapp, das Gesundheitsamt arbeite am Limit.

Allerdings darf der Landkreis über einen Strategiewechsel in der Testung nicht entscheiden. „Das gibt das Gesundheitsministerium als Fachaufsicht vor und wir diskutieren derzeit sehr heftig darüber“, berichtet Lauer. Das Ministerium wiederum stütze sich auf die Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts (RKI). „Das sind aber eben nur Empfehlungen und ich würde mir manchmal eine etwas differenziertere Sichtweise wünschen“, ärgert sich der Landrat. Das RKI hat indes am Donnerstag angekündigt, seine Empfehlungen dahingehend zu ändern, dass vor allem bei Corona-Symptomen und Kontaktpersonen getestet werden soll.

„Wir setzen vor allem auf Aufklärung“, meint Lauer. Eine „große Verunsicherung“ der Bürger stellten auch die zehn Mitarbeiter am nun wieder installierten Bürgertelefon des Kreises fest. „Es kommen ganz andere Fragen als in der ersten Welle“, berichtet der Landrat, „es geht deutlich öfter um individuelle Beeinträchtigung, um Ängste, um den Arbeitsplatz, psychologische Fragen.“ Man wolle aber vermitteln: „Es gibt keinen Grund zu Hysterie. Wir alle können uns mit simplen Hygieneregeln gut schützen. Es sind die vielen kleinen Nachlässigkeiten, doch mal kurz die Maske absetzen, doch mal jemand umarmen, die Probleme machen.“ Lauer findet: „Es ist nicht zu viel verlangt, dies nochmal für ein paar Wochen sein zu lassen.“

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