Kreisjugendamt Saarlouis Kinder in die eigene Familie aufnehmen

Saarlouis · Das Kreisjugendamt Saarlouis sucht weitere Pflegefamilien für Kinder, die nicht bei ihren Eltern bleiben können.

 Vor allem Babys und Kleinkinder will das Kreisjugendamt bei Pflegeeltern statt im Heim unterbringen. Weitere Pflegefamilien aus dem Kreis Saarlouis werden deshalb gesucht.

Vor allem Babys und Kleinkinder will das Kreisjugendamt bei Pflegeeltern statt im Heim unterbringen. Weitere Pflegefamilien aus dem Kreis Saarlouis werden deshalb gesucht.

Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Überforderung, psychische Krankheit, Gewalt oder Suchtprobleme: Es gibt Fälle, in denen ein Kind nicht in seiner Familie bleiben kann. Für diese Kinder sucht das Kreisjugendamt zusätzliche Pflegefamilien. 225 Pflegekinder betreut der Pflegekinderdienst in Saarlouis derzeit und mit ihnen 150 Pflegefamilien. Sechs Mitarbeiter kümmern sich um die Vermittlung der Kinder und unterstützen die Pflegefamilien im Alltag. Zu ihnen gehören Peter Jungmann und Katrin Hütt. „Die Mehrzahl der zu vermittelnden Kinder sind Babys oder Kleinkinder“, erklärt Hütt. Schulkinder werden meist stationär untergebracht, also im Heim.

Weil Kind und Pflegeeltern möglichst gut zueinander passen sollen, wünscht sich das Kreisjugendamt mehr mögliche Familien, die bereit sind, ein Kind vorübergehend oder dauerhaft bei sich aufzunehmen. Doch wie wird man Pflegefamilie?

Soziale Einstellung genügt noch nicht. Eine Reihe von Voraussetzungen muss erfüllt werden: Der offiziellen Pflegeerlaubnis geht ein Überprüfungsverfahren voraus, erklärt Jungmann. Auf einem Bogen und in ausführlichen Gesprächen werden zum Beispiel Erziehungseinstellung, die räumliche und biografische Situation, der physische und psychische Zustand der möglichen Pflegeeltern abgefragt. „Auch der Grund, warum sie sich melden“, ergänzt Hütt: Finanzielle Aspekte sollten nicht im Vordergrund stehen.

Weitere Ausschlusskriterien sind Suchterkrankungen und lebenszeitverkürzende Erkrankungen. Altersgrenzen gibt es keine, aber man achte bei der Vermittlung „auf einen natürlichen Altersunterschied“, meint Michael Schu, Leiter des Kreisjugendamtes. Sich selbst reflektieren, das sei eine wichtige Aufgabe der angehenden Pflegefamilie: „Trauen wir uns das zu?“

Beruflich gibt es ebenfalls Einschränkungen: „Im ersten Jahr nach der Aufnahme sollte die Arbeitszeit so reduziert werden, dass die Hauptbezugsperson für das Kind zur Verfügung steht“, erklärt Hütt. Das geht, weil auch Pflegeeltern Elternzeit nehmen dürfen und ein Pflegegeld erhalten. Hat das Kind sich eingelebt, kann es natürlich eine Kita besuchen.

„Pflegeeltern dürfen keine Vorstrafen haben, sie sollen gefestigt im Leben stehen und den Umgang mit den leiblichen Eltern positiv unterstützen“, fasst Hütt zusammen. Denn „Die Rückführung in die Herkunftsfamilie ist das Ziel.“ Ist die Pflegeerlaubnis erteilt, kann es ganz schnell gehen, „manchmal hat man auch eine Wartezeit von einigen Monaten“, ergänzt Jungmann.

Was viele Familien befürchten, die gerne ein Pflegekind aufnehmen würden: Dass es plötzlich wieder weggenommen wird. Hier kann Schu beruhigen: Erfolgt eine Rückkehr zur leiblichen Familie, wird diese längere Zeit vorbereitet und kommt für niemanden überraschend. Schu ergänzt, gesetzlich vorgeschrieben ist, um Kind und Eltern die Situation zu erleichtern, dass binnen zwei Jahren möglichst geklärt wird, ob das Kind nur vorübergehend oder dauerhaft in Pflege bleiben soll. Bisweilen fällt die Entscheidung, dass das Kind nicht mehr zu seiner Familie zurückkehren kann, sofort. Und nicht so selten wird aus einer dauerhaften Pflege auch eine Adoption.

Die Vermittlung selbst sei „immer eine Einzelfallentscheidung“, betont Schu. Um „passgenau vermitteln“ zu können, so das Ziel, steht zunächst eine genaue Vorbesprechung mit den möglichen Pflegeeltern an. Sind die bereit, beginnt das Vorbereitungsverfahren, bei dem viele Informationen ausgetauscht werden, auch sehr private, etwa über die Vorgeschichte. „Man muss die Eltern darauf vorbereiten“, erläutert Schu: „Haben die Kinder etwa Behinderungen, Verhaltensauffälligkeiten, Entwicklungsverzögerungen?“ Erst dann lernen sich Kind und Pflegeeltern persönlich kennen.

Weil der Alltag in jeder Familie turbulent ist und in Pflegefamilien noch besondere Herausforderungen anstehen, unterstützt das Jugendamt pädagogisch. Die enge und gute Zusammenarbeit sei zentral, betont Jungmann: „Wir lernen uns gegenseitig gut kennen, wir bleiben ja oft viele Jahre Ansprechpartner.“

Von einem erhöhten Betreuungsbedarf müsse man ausgehen, betont Schu: „Man sollte nicht vergessen: Pflegekinder haben immer ein Päckchen zu tragen. Manchmal treten auch Dinge zu Tage, die die Pflegeeltern an ihre Grenzen bringen.“ Dann erhalten sie Unterstützung vom Jugendamt, psychologische oder ambulante Hilfen sind möglich. Darüber hinaus gibt es Info-Veranstaltungen und Angebote für alle Pflegeeltern. Und eine Besonderheit im Kreis Saarlouis: Im Sommer gibt es eine Ferienfreizeit für ältere Pflegekinder zwischen acht und 14 Jahren – ohne ihre Familien. Aber bei allen Anforderungen sei immer klar, meint Schu: „Pflegeeltern sind keine Profis und sie müssen es auch nicht sein.“

 Im Team des Kinderpflegedienstes beim Kreisjugendamt Saarlouis vermitteln (von links) Kathrin Hütt und Peter Jungmann Pflegekinder an Familien, Michael Schu leitet das Jugendamt.

Im Team des Kinderpflegedienstes beim Kreisjugendamt Saarlouis vermitteln (von links) Kathrin Hütt und Peter Jungmann Pflegekinder an Familien, Michael Schu leitet das Jugendamt.

Foto: Yannick Hoen/Kreis Saarlouis

Kontakt: Adoptionsvermittlung/Pflegekinderdienst des Kreisjugendamtes Saarlouis, Prof. Notton-Straße 1, 66740 Saarlouis, Tel. (0 68 31) 44 45 55, E-Mail: amt51@kreis-saarlouis.de

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