Konflikt schwelt seit vielen Jahren

Saarlouis. Die Redner in der gut zweieinhalbstündigen Debatte griffen mehrere Punkte auf, die sie für wichtig in einer Revision des Méguin-Urteils hielten

Saarlouis. Die Redner in der gut zweieinhalbstündigen Debatte griffen mehrere Punkte auf, die sie für wichtig in einer Revision des Méguin-Urteils hielten. Diskutiert wurde zudem die städtische Prozessführung (FDP-Fraktionschef Wolfgang Krichel: "Provinzposse"), die Frage, ob die Stadt eine Frist für ein Wassergutachten habe verstreichen lassen (Tim Flasche, CDU-Fraktionschef) - oder ob "dieses Beweismittel überhaupt gefordert war" (Stadt-Justitiar Bernd Schwarz). Ob der Gemeindeversicherungsverband wirklich zu einer Berufung geraten habe (FWG-Fraktionschef Altomaro Locurcio).Zentraler PunktDer zentrale Diskussionspunkt war die Begründung des Verwaltungsgerichts, warum der Tanklager-Standort nicht zu dem Teil des Hafengebietes gehöre, das mit besonderem Wasserschutz versehen ist. In einer Vereinbarung von 1986 war das gesamte Gebiet anhand einer geplanten Hafenstraße umschrieben worden. Die Straße wurde nicht bis ans Ende gebaut. Ein Stück war überflüssig geworden, weil das geplante Liegebecken nicht realisiert wurde. Auf dieser Teilfläche des 1986 kartierten Gebiets soll nun das Tanklager entstehen. Das Gericht nun sah nicht die kartierte Fläche als entscheidend an, sondern die Straße. Und die fehlt an der Stelle. Also gelte auf dieser Fläche der besondere Wasserschutz nicht und das Lager könne gebaut werden.Für die Stadt eine offene Einladung zur Berufung. Werde diese Behauptung widerlegt, sei die Berufung gewonnen, versicherte Justitiar Schwarz. Er erklärte "das krasse Fehlurteil" damit, dass nur zwei Tage zwischen dem Eingang "eines Berges von Akten" bei Gericht und der Verhandlung vergangen seien.Das sah Tim Flasche, ebenfalls Jurist, anders. "Umweltpolitisch wäre es schön, wenn da kein Tanklager wäre. Aber juristisch macht es keinen Sinn, an einer Berufung festzuhalten." Nicht in einem Punkt, in allen Punkten müsse dem Gericht dargelegt werden, dass es sich geirrt habe, nur dann bestehe Aussicht auf Erfolg. Im Vordergrund müsse nun stehen, das Trinkwasser aus dem Hafenbereich technisch zu sichern - eine Wertung, die auch die Jamaika-Partner der CDU, die FDP und die Grünen, teilen. Gabriel Mahren, Grünen-Fraktionschef, nannte die Begründung des Gerichtes "Spitzfindigkeit". Von einem "deutschen Gericht sollte man erwarten können, dass es sich der Hintergründe bewusst ist". Heißt: Der Richter hätte den Sinn des Vertragswerks, das 1986 begonnen und bis 2006 fortgeschrieben wurde, einbeziehen sollen, nämlich den Schutz von Trinkwasser. Deswegen stimmten die Grünen - anders als CDU und FWG - auch für die Berufung.. Am Ergebnis änderte das nichts, weil die Linke mit CDU, FDP und FWG gegen die Berufung stimmten.KonsequenzenFlasche begründete die Auffassung des Gerichtes zu diesem Punkt damit, dass die Wasserschutzmaßnahmen nur dort Sinn gehabt hätten, wo ausgebaggert worden sei, also nicht am geplanten Standort des Tanklagers.Es geht auch um viel Geld, um ein Volumen von 100 Millionen Euro, wie Jürgen Paschek (SPD) sagte. Rund 85 Millionen Euro soll das Wasser in dem Gebiet wert sein. Und um eine zweistellige Millionensumme als Schadenersatz für Minderförderung nach dem Hafenbau ringt die Stadt noch mit dem Land. Beide Summen sieht die Stadtverwaltung nun gefährdet. Ralf Levacher, Geschäftsführer bei den Stadtwerken, sagte: Steht das Tanklager einmal, muss das Gelände aus dem geplanten Wasserschutzgebiet ausgegliedert werden. Dasselbe drohe auch für das viel größere, benachbarte "Sondergebiet", auf dem ein Pflanzenölkraftwerk geplant, aber nicht gebaut wurde. Dem hatte die Große Koalition 2007 auf Drängen des Landes zugestimmt. Damals hatten Grüne und FWG gewarnt, das sei der Anfang vom Ende des Wasserschutzes im Hafen. Das Gericht hat das jetzt indirekt bestätigt. Tim Flasche in der Ratssitzung: "Wir müssen uns bemühen, den Status dieser Fläche zu ändern."Aus für Wasserwerk?Fazit von Levacher: Es sei möglich, dass eine Verkleinerung des Trinkwassergebietes zum Aus für das Wasserwerk Ost führen könne. Das Wasserwerk wird derzeit neu gebaut. Ohnehin schon, so Günter Melchior vom Umweltamt, habe die Qualität des Wassers aus diesem Bereich seit dem Saarausbau sehr gelitten. "Die Nitratbelastung liegt mit 90 Milligramm bei einem Extremwert." Wenn künftig Wasser hinzugekauft werden müsste, verteuere sich der Wasserpreis, sagten Paschek und OB Henz. Was ihnen den Tadel Flasches eintrug, sie schürten Ängste. Seit Jahrzehnten bemüht sich die Stadt, das Gebiet offiziell als Trinkwasserschutzgebiet auszuweisen. OB Henz wies auf Aussagen hin, wonach das Wirtschaftsministerium dies habe verhindern wollen.Alter KonfliktDer mit dem Hafenbau 1986 begonnene Konflikt zwischen Stadt und Land (der Hafen ist ein Landesbetrieb) schimmerte auch in dieser Debatte durch. Peter Schmolenzky, SPD-Fraktionschef, zu CDU und FDP: "Diese Entscheidung fällen Sie doch nicht autonom." Dahinter stehe der Einfluss der Landesregierung. Flasche knapp: "Mitnichten." Es sei seltsam, dass sich alle, vom Gericht über Méguin bis zu den Gutachtern "geirrt haben sollen, bloß einer, OB Henz, nicht".

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