Klarer Vorrang für eigene Bürger

Saarlouis/Dillingen. Für 35 Prozent aller Kinder unter drei Jahren muss ab August 2013 ein Betreuungsplatz zur Verfügung stehen - so hat es die Bundesregierung festgelegt. Eltern haben einen gesetzlichen Anspruch darauf

 Gemeinsam spielen und lernen sollen die Kinder in den Krippen. Foto: dpa/Wolfgang Thieme

Gemeinsam spielen und lernen sollen die Kinder in den Krippen. Foto: dpa/Wolfgang Thieme

Saarlouis/Dillingen. Für 35 Prozent aller Kinder unter drei Jahren muss ab August 2013 ein Betreuungsplatz zur Verfügung stehen - so hat es die Bundesregierung festgelegt. Eltern haben einen gesetzlichen Anspruch darauf. Allerdings wird es fast keine Gemeinde im Landkreis Saarlouis schaffen, bis August die erforderliche Anzahl an Plätzen in Krippen oder bei Tagesmüttern bereitzustellen (die SZ berichtete).

Der tatsächliche Bedarf sei ohnehin ein anderer: Denn Eltern suchten einen Betreuungsplatz nicht unbedingt an ihrem Wohnort, sondern immer häufiger an ihrem Arbeitsort, meinte dazu kürzlich der Saarlouiser Landrat Patrik Lauer. Das bedeutet, dass die Nachfrage in städtischem Gebiet höher sei. Die Städte geraten dabei in einen Interessenkonflikt: Sollen die (ohnehin knappen) Plätze den Eltern zur Verfügung gestellt werden, die in der Stadt wohnen, oder denen, die dort arbeiten?

Die Stadt Saarlouis gibt ihren Bürgern klaren Vorrang. Dieses Aufnahmekriterium gilt für alle sechs Kitas (drei davon mit Krippe) in Trägerschaft der Stadt. Wörtlich heißt es in der Kita-Ordnung: "Im Hinblick auf die von der Stadt zu tragenden Sach- und Personalkosten bleibt der Einzugsbereich vorrangig auf Kinder beschränkt, deren Hauptwohnsitz nachweislich im Stadtgebiet von Saarlouis ist. Im Sinne der Familienfreundlichkeit der Kreisstadt Saarlouis können bei vorhandenen Platzkapazitäten Kinder aus anderen Gemeinden aufgenommen werden." Von den 487 Regel- und Tagesplätzen im Kindergartenbereich sind derzeit 47 Plätze durch auswärtige Kinder belegt. Im Krippenbereich sind dies aktuell 2 von 65 Plätzen, teilte das Amt für Familien, Soziales, Schulen und Sport in Saarlouis mit.

An dieser Regelung soll auch nichts geändert werden. Sie gilt aber nicht nur für die stadteigenen Kitas, sondern auch mit den freien und kirchlichen Trägern der übrigen Einrichtungen ist abgesprochen worden, dass deren Plätze vorrangig mit kleinen Saarlouisern belegt werden. Denn auch hier zahlt die Stadt den gesetzlichen Anteil der Sachkosten, darüber hinaus eine freiwillige Gruppenpauschale.

Auch allen Arbeitnehmern grundsätzlich Betreuungsmöglichkeiten für ihre Kinder anzubieten, könne Saarlouis schlichtweg nicht leisten. "Es ist nachvollziehbar, dass sich auswärtige Eltern, die in Saarlouis arbeiten, auch Betreuungsmöglichkeiten in der Nähe ihres Arbeitsplatzes wünschen. Sämtliche diesbezügliche Bedarfe zu decken, dürfte für eine Gemeinde, die viele Arbeitsplätze bietet, allerdings kaum leistbar sein. Man muss sich vor Augen halten, dass von den rund 30 000 Arbeitsplätzen in Saarlouis knapp 23 000 von Einpendlern belegt werden", teilte das Amt weiter mit. Insofern stelle die derzeit praktizierte Verfahrensweise eine transparente und gerechte Vorgehensweise dar, vor allem im Hinblick auf die Kostenträgerschaft der Kreisstadt.

Anders in der Stadt Dillingen: Diese betreibt zwar keine eigenen Krippen und Kindergärten. Stattdessen fördert sie aber alle Einrichtungen der freien und kirchlichen Träger finanziell.

Eine Vereinbarung mit diesen, Plätze für Eltern aus dem Stadtgebiet vorzuhalten, gibt es ausdrücklich nicht, bestätigt Kulturamtsleiter Peter Kreutzer. "Die Plätze werden nicht ausschließlich für Dillinger Kinder vorgehalten. Im Gegenteil, Dillingen ist eine der Städte, die die meisten auswärtigen Kinder betreut."

Ausreichend Betreuungsplätze für Kinder von Arbeitnehmern seien schließlich auch ein Standortfaktor für Unternehmen. Allerdings wäre es "sehr wünschenswert" für die Stadt, so Peter Kreutzer, dass die Heimatgemeinden wie bei den Schulen auch Ausgleichszahlungen leisten würden. "Das wird in Zukunft ein großes Thema sein." "Das wird

in Zukunft ein großes Thema sein."

Peter Kreutzer

Meinung

Zusammenarbeit ist gefragt

Von SZ-Mitarbeiterin

Nicole Bastong

 Gemeinsam spielen und lernen sollen die Kinder in den Krippen. Foto: dpa/Wolfgang Thieme

Gemeinsam spielen und lernen sollen die Kinder in den Krippen. Foto: dpa/Wolfgang Thieme

Was ist nun wichtiger: Dass Eltern dort eine Kinderbetreuung bekommen, wo sie wohnen oder dort, wo sie arbeiten? In erster Linie ist die Wohngemeinde des Kindes in der Pflicht, eine geeignete Betreuung zu schaffen. Denn schließlich zahlen die Eltern genau dafür dort Steuern. Ein guter Ansatz: Die Heimatgemeinden unterstützen, wie Dillingen es sich wünscht, die Städte, die Betreuungsplätze am Arbeitsort anbieten, dabei finanziell. Hier ist Zusammenarbeit gefragt. Auch die Unternehmen hindert niemand daran, eigene Kooperationen mit Trägern einzugehen und Plätze für die Kinder ihrer Mitarbeiter oder ganze Betriebskindergärten zu schaffen. Gute Beispiele dafür gibt es auch in unserem Landkreis: Etwa die Kita Kinderland, die Landkreis, Kommunen und Arbeitgeber gemeinsam finanzieren, oder die betriebsnahe Kita "Kleine Hüttenbären" von Awo und Dillinger Hütte. Davon bräuchten wir mehr. Denn Familienfreundlichkeit kann nicht nur Aufgabe des Staates sein.

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