Saarlouis Jüdisches Leben in der Stadt endete abrupt

Saarlouis · Auf 956 Seiten erinnert Hans Peter Klauck an das „Jüdische Leben in der Stadt und im Landkreis Saarlouis 1680 –1940“. Der renommierte Heimat- und Familienkundler stellte das Ergebnis jahrelanger Recherchen im Landratsamt Saarlouis vor.

 Das Ergebnis jahrelanger Recherchen zur Geschichte des jüdischen Lebens in Stadt und Kreis Saarlouis präsentierte der renommierte Familien- und Heimatkundler Hans Peter Klauck bei einer Lesung. Foto: J. A. Bodwing

Das Ergebnis jahrelanger Recherchen zur Geschichte des jüdischen Lebens in Stadt und Kreis Saarlouis präsentierte der renommierte Familien- und Heimatkundler Hans Peter Klauck bei einer Lesung. Foto: J. A. Bodwing

Foto: J. A. Bodwing

Eine verlorene Zeit stellt das Buch "Jüdisches Leben in der Stadt und im Landkreis Saarlouis 1680 -1940" dar. Mehr als 1300 Fotos und Karten, über 2133 Familien und um die 12 400 Personen hat der Autor Hans Peter Klauck dafür über Jahre hinweg zusammengetragen. Jetzt präsentierte er das 956 Seiten starke Werk im Großen Sitzungssaal des Landratsamtes in Saarlouis . Dazu waren trotz Fußballübertragungen etwa 80 Besucher gekommen.

Der erste schriftliche Nachweis eines jüdischen Bürgers stamme aus den ersten Jahren der 1680 gegründeten Festungsstadt Saarlouis . Hayem Lewy kam ursprünglich aus Wallerfangen, siedelte dann aber in die neu entstehende Stadt. Die jüdische Kultur in der Region Saarlouis endete abrupt 1940 mit der Verschleppung in Lager und KZ.

Die Buchpräsentation finde im Rahmen der 200-Jahr-Feier des Landkreises statt, hob Landrat Patrik Lauer hervor. Denn man wolle auch auf ein düsteres Kapitel dieser Geschichte hinweisen. Es sei gar nicht so einfach, die Spuren jüdischer Familien zu rekonstruieren, berichtete Klauck. Denn es gebe Verflechtungen weit über den Landkreis hinaus. Beispielsweise sei Metz in lothringischer Zeit ein wichtiger Bezugsort für Juden gewesen.

Große jüdische Gemeinden

Diesen Aspekt der familiären Verzweigungen habe er nur mithilfe eines Netzwerkes engagierter Familienforscher bewältigen können. "Die Herrschaft Saarwellingen war eine der ersten, in der Juden willkommen waren", sagte Klauck. Aber dafür mussten die Juden auch das so genannte Judengeleit zahlen. Dort war vor dem Jahr 1700 die jüdische Gemeinde größer als in Saarlouis .

Die jüdischen Einwohner organisierten sich zunehmend und bauten Synagogen und eigene Friedhöfe. Der größte liegt in Diefflen mit mehr als 400 Grabmälern. "Der älteste ist in Saarwellingen und wurde 1725 erstmals erwähnt." Dort habe es bereits 1884 Zerstörungen von Gräbern gegeben. Um 1930 war Saarlouis ein jüdischer Siedlungsschwerpunkt, gefolgt von Dillingen und Saarwellingen. In Saarwellingen lebten damals hauptsächlich Handelsleute mit wenig Einkommen, fand Klauck heraus.

Die Kaufleute hingegen nutzten das Potenzial der Städte. Imposante Geschäfte habe es in Dillingen und Bettingen gegeben. Den Großen Markt in Saarlouis säumten einmal etwa zwei Dutzend jüdische Geschäfte. Das Schuhhaus Schloss beispielsweise verwies auf ein Sortiment von 13 000 Meter Stoff und 8000 Paar Schuhe und Stiefel. Viele Gebäude wurden in der Pogromnacht 1938 verwüstet und später für Spottpreise an Deutsche verkauft.

Schon ab 1933 habe es zunehmend Anfeindungen gegenüber Juden gegeben und Boykotte ihrer Geschäfte. In den meisten Zeitungen von Saarlouis konnten sie nicht einmal mehr Anzeigen aufgeben, sagte Klauck. Nur das Saarlouiser Journal sei noch bis zur Saarabstimmung 1935 "ein Fels in der Brandung" gewesen. Berühmte Personen waren unter den jüdischen Einwohnern des Landkreises. So auch die ausgewanderten Malerinnen Hannelore Baron und Emma Stern und der Musiker Julius Schloss.

Noch zwei Juden im Kreis

Das jüdische Leben im Landkreis endete am 22. Oktober 1940 mit der Deportation Richtung Pyrenäen ins französische Lager Gurs. Danach gab es nur noch zwei Juden im Kreis Saarlouis , hatte Klauck recherchiert. Johanna Süßkind war nach Niedaltdorf zurückgekehrt. "In einer Meldekarte vom 22.4.1942 steht lapidar, sie sei ausgewandert." Doch Klauck geht von Deportation aus und der Vernichtung in einem KZ. Den Krieg überdauerte unter schwierigen Bedingungen auch eine weitere Jüdin, die mit einem Christen verheiratet war. Ihre beiden Söhne galten als Halbjuden.

Das umfangreiche Buch über jüdisches Leben in Stadt und Landkreis Saarlouis ist für 44 Euro nur im Kreisarchiv Saarlouis erhältlich, geöffnet jeweils Montag, Dienstag, Donnerstag und Freitag von 14 bis 17 Uhr.

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