Untertitel: „Am liebsten schreibt Hilde in ihr Tagebuch wenn Vollmond ist.“ Hilde Ottermann hat sich eine schwarze Kladde gekauft, als Tagebuch. Sieht aus wie ein Schulheft, da würde ihre Mutter schon nicht reinschauen. Und nun vertraut sie der Kladde das Allerlei des Alltags eines jungen Mädchens an: Ab 1985, in der DDR, später dann im Saarland, die Kladde endet 2017.

1991 kommt sie ins Saarland, erlebt Saarlouis und Hülzweiler. „Seit einem Vierteljahr bin ich tatsächlich drüben, wohne in einem Dorf im Saarland, doch begriffen, ich meine so richtig von innen heraus, habe ich das noch gar nicht. Ich bin halt keiner von den Schnellen. Stets haben mich große Veränderungen mit Verspätung erreicht, wahrscheinlich, weil ich neue Dinge zuerst ängstlich vor mir herschiebe.“

Das könnte Motto dieses Lebens sein. Die großen Veränderungen, Tschernobyl, Mauerfall, Wiedervereinigung, Übersiedlung in den Westen, Einführung des Euro, tauchen ziemlich weit weg am Horizont auf und bewegen das Leben von Hilde nur wie von weiter Ferne. Nah ist Hilde das eigene, private Leben, wie das bei Tagebüchern meist der Fall ist.

Der Roman ist als Tagebuch verfasst, was einen Perspektivwechsel von junger DDR-Bürgerin zur (Fast-)Saarländerin bedeutet; dieser Anforderung wird „Die Kladde“ nicht immer gerecht. Hübsch aber der Einfall mit den seltsamen Satz-Schnipseln, die Hilde von einem unbekannten Absender enthält.

Wie im wahren Leben verschränken sich für Hilde in diesen über 30 Jahren von Ost nach West Zufälle mit unwahrscheinlichen Wendungen zu den langen, verschlungenen Lebenswegen, von denen Irene Rickert berichtet.

Rickert stammt aus Hülzweiler. Sie lebt und schreibt in Saarlouis.

Irene Rickert, Die Kladde, erschienen als BoD, ISBN 9 7837 4817 4127, zum Preis von 12,80 Euro.