Im Dialog mit dem Bösen

Woher stammt eigentlich der Begriff Arier, und was hat es damit auf sich? Diesen Fragen widmet sich die afrodeutsche Journalistin Mo Asumang in ihrem Dokumentarfilm „Die Arier“. Auf ihrer Suche nach Antworten begegnet sie Neonazis, Verschwörungstheoretikern, Mitgliedern des Ku-Klux-Klans und den historisch verbürgten Ariern im Iran. Heute Abend, 19.30 Uhr, stellt sie ihren Film in der Aula des Gymnasiums am Stadtgarten vor. SZ-Redakteur Marc Prams sprach mit Mo Asumang über die Arbeit an ihrem Film.

Frau Asumang, nach "Roots Germania" ist "Die Arier" bereits ihre zweite Arbeit, in der sie sich mit dem Thema Rassismus auseinandersetzen. Gab es einen konkreten Anlass, sich erneut damit zu befassen?

Mo Asumang : Mir ist aufgefallen, dass die meisten Leute den Begriff Arier benutzen, ohne zu wissen, was Arier überhaupt sind. Ich habe geforscht und dabei festgestellt, dass die Deutschen gar keine Arier sind und fand es unglaublich, dass das kaum einer weiß. Die Naziszene verwendet den Begriff aber weltweit. Das müssen wir ändern. Darüber müssen wir aufklären.

Im Film ist zu sehen, wie sie Teilnehmer eines Naziaufmarschs nach dem Grund ihrer Demonstration befragen. Eine fast schon wagemutige Aktion. Hatten Sie nicht Angst, es könnte Ihnen etwas passieren?

Asumang: Ich wusste ja, dass bei so einem Aufmarsch viel Polizei vor Ort ist. Ich war also nicht alleine da. Aber ich möchte, dass die Leute mich kennen lernen, auch wenn sich das vielleicht merkwürdig anhört. Ich gehe davon aus, dass sich Dinge nur ändern lassen, wenn wir einander kennen lernen. Also gehe ich da hin und stelle meine Fragen. Ich wünsche mir, dass man nicht nur übereinander, sondern auch miteinander spricht.

Ist es nicht besonders schwierig, dieses Ansinnen mitten in der Nacht, irgendwo im Wald, auf einem Treffen des Ku-Klux-Klans in die Tat umzusetzen? Schließlich gehören Sie ja quasi zu deren erklärtem Feindbild. Was treibt sie an, sich in eine solche Szenerie zu begeben?

Asumang: Ich bin einfach wahnsinnig neugierig und lasse mir ungern etwas von anderen erzählen. Ich schaue mir die Dinge lieber selbst an und mache mir dann ein Bild. Deshalb wollte ich auch mit Mitgliedern des Ku-Klux-Klans sprechen. Man merkt dabei auch, dass die andere Seite Schwierigkeiten damit hat, plötzlich mit der Realität zu sprechen, die ganz anders ist als das, was sich so ein Ku-Klux-Klan-Gehirn sonst zurechtspinnt. Ein Rassist ist nicht darauf vorbereiten, dass plötzlich ein Mensch offenherzig und nett auf ihn zukommt. Dann sind sie geschockt, und das ist dann ein Moment, in dem man sie greifen kann.

Hatten auch Sie Vorurteile, die in den Gesprächen widerlegt wurden?

Asumang: Auch ich hatte mir vorher ein Bild gemacht. Im realen Gespräch dann zu sehen, dass diese Leute verunsichert und ängstlich sind, ist schon seltsam. Das ist das Gegenteil dessen, was man am Allgemeinen annimmt. Aber natürlich wäre es fatal, Rassisten als dumm abzutun. Damit verkennt man die Gefahr, die aus ihrer Angst entsteht.

Gab es viele Anfeindungen, nachdem der Film im Fernsehen gezeigt wurde?

Asumang: Eher nicht, weil ich glaube, dass die rechte Szene sich ein wenig schämt. Für die ist Arier der Inbegriff dessen, was sie ausmacht. Wenn ihnen jetzt gezeigt wird, dass sie gar keine Arier sind, dafür aber eine Frau mit Kopftuch im Iran , was im übrigen übersetzt Land der Arier heißt, dann ist das wohl nicht so leicht zu verkraften. Es ist nun mal Fakt, dass die Nazis keine Arier waren und die Neonazis auch keine sind. Das wird im Film klargestellt. Und das muss man erst mal verdauen.

Wie hat das Publikum auf den Film reagiert?

Asumang: Die Leute sehen, dass ich mich auf Spurensuche begeben habe und überlegen, was sie gegen Rassismus tun können. Mir ist es wichtig, dass sie erkennen, dass sich jeder einbringen kann und im Zusammenhalt mit vielen Leuten stark ist. Dazu möchte ich die Leute motivieren.

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