"Im Beruf entscheidet immer die Hierarchie"

Frau Müller, in Benimmfragen herrscht oft Unsicherheit. Beispiel: Eine Frau stößt neu zu einer Arbeitsgruppe, die nur aus Männern besteht, die sich lange kennen und duzen. Wer bietet nun wem das Du an?Heidemarie Müller: Im Beruf entscheidet darüber die Hierarchie und nichts anderes als das. Bei etwa Gleichrangigen und Gleichaltrigen muss irgendwer den Anfang machen

Frau Müller, in Benimmfragen herrscht oft Unsicherheit. Beispiel: Eine Frau stößt neu zu einer Arbeitsgruppe, die nur aus Männern besteht, die sich lange kennen und duzen. Wer bietet nun wem das Du an?Heidemarie Müller: Im Beruf entscheidet darüber die Hierarchie und nichts anderes als das. Bei etwa Gleichrangigen und Gleichaltrigen muss irgendwer den Anfang machen. Das wären hier diejenigen, die schon länger zusammenarbeiten.Lassen wir die Männer schüchtern sein. Bietet die Frau das Du an - wäre das ein Faux Pas?Müller: Wenn sie merkt, es wäre das Angebrachte, aber sie trauen sich nicht - dann ist es in Ordnung. Aber die Empfindungen sind ja unterschiedlich. Nicht jeder denkt so wie ich - man darf die eigene Empfindung nicht bei anderen voraussetzen. Anfängern in einer Firma etwa kann man nur eine gewisse Zurückhaltung empfehlen. Vielleicht kann man ja am Rande einen aus so einer Gruppe fragen, wie das in der Firma gehandhabt wird. Was unterscheidet die Etikette einer Mail von der eines Briefes?Müller: Wenn die Mail einen geschäftlichen Brief ersetzt, unterscheidet sie sich nicht. Förmliche Anrede, förmliche Schlussformel. Es gibt aber auch die Art von Mail, die ein Telefonat ersetzt. Da haben sich Vereinfachungen ergeben. Kurze Anrede, oder wie es bei uns hier vereinbart wurde, gar keine Anrede und nur Namenskürzel. Die Antworten ebenso.Was ist vom Kürzel mfg unter Mails zu halten?Müller: Abkürzungen gehören eher nicht zum guten Ton. Hält der Mann der Frau heute noch die Tür auf?Müller: Im privaten Bereich genießt die Frau gewisse Vorrechte. Man lässt ihr den Vortritt, hält ihr die Tür auf, hilft ihr in den Mantel. Im geschäftlichen Bereich gilt wieder die Hierarchie-Regel. Da lässt man dem Gast, dem Kunden, den Vortritt, auch dem Vorgesetzten. Ich überlasse ihm die rechte Seite, und als höflicher Mitarbeiter halte ich ihm die Tür auf. Wenn der Chef mit einer Auszubildenden unterwegs ist, kann man nicht erwarten, dass er sie gewissermaßen als die Dame behandelt. Die Auszubildende wird den Chef also auf der rechten Seite gehen lassen. Und an der Tür zum Restaurant?Müller: Das ist typisch deutsch. Im Ausland lacht man darüber. Das kommt aus der Zeit, in der ein Mann sich erst überzeugen wollte, dass das Etablissement auch für seine Begleiterin geeignet ist. Das ist heute natürlich unnötig - die Regel kann wegfallen. Der Kavalier alter Schule wird das aber weiter tun. Man kann also den internationalen Gepflogenheiten folgen, der Dame die Tür aufhalten und sie vorgehen lassen. Eine Frau, die zum Geschäftsessen einlädt, hält ihrem Gast selbstverständlich die Tür auf und geht als Erste auf den Kellner zu.

Auf einen BlickHeidemarie Müller, Protokollchefin des saarländischen Ministerpräsidenten, erläutert am Mittwoch, 17. September, im Pfarrzentrum St. Johannes auf dem Steinrausch, aktuelle Benimmfragen. Veranstalter sind die Erwachsenenbildung der Pfarreiengemeinschaft Maria Himmelfahrt und Christkönig-St. Johannes und die Frauenbeauftragte des Kreises Saarlouis. Beginn ist um 19.30 Uhr. Eintritt frei. we

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