Arbeit „Klimaschutz ja, aber klug und differenziert“

Saarlouis/Völklingen · Delegiertenversammlung der IG Metall im Zeichen der Auto- und Stahlkrise. Erstmals mehr Betriebe ohne Tarifbindung als mit.

 Der erste Bevollmächtigte der IG-Metall-Geschäftsstelle Völklingen, Lars Desgranges, bei der Delegiertenversammlung in Fraulautern.

Der erste Bevollmächtigte der IG-Metall-Geschäftsstelle Völklingen, Lars Desgranges, bei der Delegiertenversammlung in Fraulautern.

Foto: Engel

Die angespannte Lage in der Automobil-Industrie in Deutschland und vor allem bei Ford in Saarlouis und bei Saarstahl war eines der Schwerpunktthemen bei der jüngsten Delegiertenversammlung der IG-Metall-Geschäftsstelle Völklingen im Vereinshaus in Fraulautern. Mehr als 100 Delegierte waren gekommen, sie vertreten knapp 28 000 Beschäftigte – das sind mehr Mitglieder, als alle saarländischen Parteien zusammen aufbringen.

Gehe es der Automobil-Industrie schlecht, sagte der erste Bevollmächtigte, Lars Desgranges, schwächele auch die Stahlbranche. Fast 1700 Stellen seien in diesem Jahr durch Altersteilzeit, Verrentung sowie ein freiwilliges Abfindungsprogramm und Beendigung der Zusammenarbeit mit der Leiharbeitsfirma Adecco abgebaut worden. Adecco habe diese Leiharbeitskräfte dann größtenteils entlassen. Dies sei „der größte Jobabbau, den wir im Automobilbereich jemals hinnehmen mussten“, erklärte Desgranges weiter. Von den Umbrüchen innerhalb der deutschen Autoindustrie bleibe fast kein Unternehmen verschont, so Desgranges, das merkten vor allem die vielen Zulieferer von Ford in Saarlouis.

Die Gründe für die weltweite Krise seien mannigfaltig: Der Handelskrieg zwischen den USA und China spiele eine Rolle, die Unsicherheit über den Brexit drücke die Verkaufszahlen in Westeuropa, die schwache Weltwirtschaft bedrohe den Verkauf in vielen Schwellenländern.

Doch über all dem steht eine viel existenziellere Krise für die Autoindustrie: Der Verbrennungsmotor ist auf dem Rückzug, Stichwort Klimaschutz. Das Geschäftsmodell Verbrennungsmotor, das die Hersteller und die gesamte Zulieferindustrie jahrzehntelang ernährte, funktioniere immer schlechter. „Dennoch“, sagte Ralf Cavelius, zweiter Bevollmächtigter der Geschäftsstelle, „Klimaschutz ja, aber klug und differenziert den richtigen Weg suchen und finden“. Der Industriestandort Deutschland dürfe nicht gefährdet werden. Der Umweltschutz und die Wirtschaftspolitik müssten in Einklang gebracht werden.

Die Krise hat auch Saarstahl erreicht, seit knapp vier Wochen herrscht Kurzarbeit. Der Betriebsrat mit seinem Chef Stephan Ahr hätten es geschafft, sagte Desgranges, die betroffenen Mitarbeiter „weitestgehend finanziell abzusichern“. Was die Stahlbranche im Inland zudem erheblich belaste, sei der Import von Billigprodukten aus Ländern, die sich um hiesige Umweltstandards nicht zu kümmern brauchten.

Außerdem forderte Desgranges den Kampf um den Erhalt der Flächentarifverträge, die den Aufstieg des Landes als wichtige Wirtschaftsnation erst ermöglicht hätten. In diesem Jahr gebe es erstmals mehr Betriebe in den IG-Metall-Bereichen, die keine Tarifbindung haben (3865) als Unternehmen, die sich noch zu diesem „Erfolgsmodell“ bekennen (3358).

Daniel Spengler, bei der IG-Metall Völklingen für den Jugendbereich zuständig, unterstrich den positiven Trend beim Nachwuchs. Zudem konnte er für einige Betriebe, darunter die Firma Stute in Überherrn, erste Betriebsratswahlen vermelden. Gewerkschaftssekretär Alfonso Liuzzo thematisierte das „Betriebsrats-Bashing“, das in einigen Unternehmen registriert worden sei. „Die versuchen die Arbeitnehmervertreter loszuwerden, das werden wir verhindern“.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort