„Ich habe auf viele Fragen keine Antworten mehr“

Immer mehr Flüchtlinge, das eigene Personal am Limit, kaum Geld – wo soll das alles enden? Das fragt sich auch der Saarlouiser Oberbürgermeister Roland Henz (SPD) im Gespräch mit SZ-Redakteur Daniel Kirch.

 Roland Henz. Foto: Stadt

Roland Henz. Foto: Stadt

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Es scheint in den Kommunen nur noch die Themen Sparen und Flüchtlinge zu geben. Ist das Junkernheinrich-Gutachten überhaupt noch zu halten?

Henz: Ich habe es mitgetragen. Aber die alltäglichen Probleme sind so groß, dass ich mich immer wieder ertappe, wie ich davon abweiche. Zum Beispiel bei den Flüchtlingen. Da merke ich, dass ich für viele Fragen keine Antworten mehr finde.

Auf welche Fragen?

Henz: Ich werde täglich von Bürgern gefragt: Wo soll das alles enden, das schaffen wir doch nicht. Nach dem zweiten Satz stelle ich dann fest, dass ich auf die Fragen selbst keine Antworten mehr habe. Kriege ich noch Wohnungen ? Habe ich die Wohnungen dann, wenn ich sie brauche? Habe ich die Ausstattung? Was ist mit den Kindern? Wer betreut sie? Die Menschen erwarten eigentlich, dass Politiker eine Antwort auf alles haben. Aber ich habe keine. Wer erklärt den Leuten, dass das Leben in Deutschland anders ist als in Syrien? Wer erklärt ihnen all die Dinge, die auf sie zukommen? Mein Personal ist engagiert, aber an den Grenzen angelangt, zusätzliches kann ich nicht finanzieren. Der Weltflüchtlingsbeauftragte sagt: Wir sind an der Grenze und wissen nicht mehr, wo wir die Ressourcen hernehmen sollen. Wenn selbst der das sagt, was soll dann der Oberbürgermeister von Saarlouis sagen?

Ganz ehrlich: Empfinden Sie Frust angesichts der Zwänge?

Henz: Dieses Spardiktat hat man ständig im Kopf, das hemmt und darunter leidet die Kreativität. Ich habe immer gesagt: Wer kein Geld hat, muss Ideen haben. Aber es gibt Ideen, die kosten auch Geld . Wenn ich eine Idee habe und ich weiß sofort, ich kann sie eh nicht finanzieren, ist die Idee weg. Jeder in einem Stadt- oder Gemeinderat weiß, dass am Schluss die vielen Ideen aus den Stadtteilen und von Politikern aus allen Parteien dem Spardiktat zum Opfer fallen. Das ist demotivierend und frustrierend für die Arbeit vor Ort. Deshalb wundert es mich auch nicht, dass bei einer Umfrage viele Leute der Meinung waren, man könnte aufgrund dieser Situation das Saarland einem anderen Bundesland zuschlagen. Mir gefällt das nicht. Ich möchte, dass unser Land selbstständig bleibt.

Wären die Probleme mit mehr Geld zu lösen?

Henz: Das Land und die Kommunen müssen von den Altschulden entlastet werden, um eine Chance für die Zukunft zu haben. In jeder Wirtschaft werde ich gefragt: Wir geben Milliarden nach Griechenland, wieso kriegen die Kommunen kein Geld ? Ich habe das einmal in einer Neujahrsansprache vorgetragen. Da hat der Kanzleramtsminister nachher zu mir gesagt: Du hast eine gute Rede gehalten, aber du kannst die Kommunen nicht mit Griechenland vergleichen, man kann den einen nicht gegen den anderen ausspielen. Das wollte ich doch gar nicht! Ich wollte nur die hohen Politiker damit konfrontieren, was ich mir anhören muss. Unser Land und die Kommunen brauchen die Unterstützung vom Bund.

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