Mit 58 in die Selbständigkeit Mit 58 ins Abenteuer Selbständigkeit

Saarlouis · Interessante Grenzerfahrungen: Helmut Grein bietet Führungen und Reiseveranstaltungen dies- und jenseits der Grenze an.

 In seiner Heimatgemeinde Siersburg macht Helmut Grein am Tag des offenen Denkmals regelmäßig Führungen zur Siersdorfer Kapelle St. Willibrod, deren Geschichte er erforscht hat.   Foto Künkeler

In seiner Heimatgemeinde Siersburg macht Helmut Grein am Tag des offenen Denkmals regelmäßig Führungen zur Siersdorfer Kapelle St. Willibrod, deren Geschichte er erforscht hat. Foto Künkeler

Foto: Künkeler

Helmut Grein ist eigentlich ein ganz bodenständiger Mensch. 1960 geboren und aufgewachsen in Siersburg wohnt er noch immer in seiner Heimatgemeinde. Doch nun wagt der 58-Jährige einen Schritt, den nicht viele gehen. In einem Alter, in dem die meisten an die Rente denken, hat er sich mit einem Gewerbe für Gästeführungen und Reiseveranstaltungen selbständig gemacht. Im Mittelpunkt des Angebotes stehen mehrere Tagesfahrten mit einem Nostalgie-Bus quer durch die deutsch-französische Grenzregion.

„Ich will mein Wissen über unsere Heimatgeschichte an Einheimische und Gäste weitergeben“, sagt der studierte Historiker. Als solcher hat Grein schon immer freiberuflich gearbeitet. Er hält Vorträge bei Vereinen, Städten oder Bildungseinrichtungen wie der Katholischen Erwachsenenbildung (KEB), gibt Kurse an der Kreisvolkshochschule zum Mittelalter und natürlich zur Regionalgeschichte des Saarlandes. Im laufenden Semester berichtet er über die Evakuierungen während des Zweiten Weltkriegs. Er hat diverse Publikationen erstellt, etwa über die „150 Jahre Kreissparkasse“ sowie historische Bildbände. Unterrichtet hat Helmut Grein auch über Paläographie, das Lesen alter Schriften wie Sütterlin. Als Berater für Museen war er ebenfalls schon tätig, hat unter anderem am Konzept für das Historische Museum Wallerfangen mitgearbeitet. Als freier Mitarbeiter ist er zudem im Kreisarchiv tätig.

Da lag der Schritt in die Selbständigkeit fast schon auf der Hand. Die Anfänge für seine Agentur liegen im Jahr 2016, als der Landkreis sein 200-jähriges Bestehen feierte. Die Touristiker des Kreises um Dieter Ruck entwickelten damals die Idee einer „Grenzhopping-Tour“. In einem Nostalgie-Bus ging es unter der Führung von Grein erstmals auf Entdecker-Tour entlang der deutsch-französischen Grenze. Der creme-rote Mercedes-Benz Reisebus 0321H ist übrigens nur ein Jahr jünger als Grein, stammt aus dem Jahr 1961. Die Nachfrage war riesig, längst nicht alle konnten mit, viele wurden auf Wartelisten geführt.

So entstand schnell die Idee, die Tour in leicht veränderter Form zu wiederholen. Für Grein war damit zudem die Entscheidung zur Selbständigkeit gefallen. 2018 meldete er sein Gewerbe an und führt seitdem die Tour als Veranstalter durch, wenn auch in Kooperation mit der Tourist-Information des Landkreises. Noch im gleichen Jahr konnte er die Grenzhopping-Tour viermal mit jeweils 35 Personen im vollbesetzten Bus durchführen. Allein durch Mund-zu-Mund-Propaganda waren alle Touren schnell ausgebucht.

Inzwischen hat Grein einen ersten Flyer mit weiteren Touren – und bereitet seinen Internet-Auftritt vor. So bietet er eine Baumwipfel-Tour an die Saarschleife an sowie eine Drei-Schlösser-Tour ins benachbarte Lothringen. Wohin es genau geht, will er nicht verraten: „Es soll eine Überraschung für die Gäste werden.“ Nur so viel gibt er preis: Das Konzept sieht immer eine Verbindung von Kultur und Kulinarik vor.

In Saarlouis hat er zudem in den vergangenen Jahren eine Ausbildung zum zertifizierten Stadt-Führer gemacht, bietet in Zusammenarbeit mit der Kreisstadt thematische Führungen an. Es sind naheliegende historische Themen vom „Jahrhundert der Preußen“ über die Zeit „Als die Franzosen wieder kamen“ bis zu „Saarlouis auf dem Weg zur Europastadt“. Ebenso werden „Revolutionäre Umtriebe“ sowie „Skandale und Verbrechen“ thematisiert.

„Sex and crime“ in Saarlouis, gab’s das – und wenn ja, wo? Saarlouis sei mit Prostituierten und Sträflingen besiedelt worden, stand im ersten Baedeker-Reiseführer Mitte des 19. Jahrhunderts. „Da war aber nichts dran“, korrigiert Grein, Prostitution habe es in der Garnisonsstadt aber schon gegeben. „Es war nicht alles harmlos“, erzählt der Historiker, aber der Begriff „Babylon Saarlouis“ sei sicher zu weit gehend.

So erfreut sich der „junge Existenzgründer“ einer lebhaften Nachfrage von Einzelpersonen und Gruppen, zunehmend auch von Busreise-Veranstaltern. Seine Touren und Führungen bietet er längst nicht nur in Saarlouis, sondern von Metz bis Luxemburg an. Das entspricht genau dem Tourismus-Konzept des Landkreises, Saarlouis als Grenzregion zu thematisieren. Und bei dem anhaltenden Erfolg, geht es natürlich 2020 weiter, verspricht Grein.

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