Redaktions-Unworte 2019 Geschönte Gesetzesnamen

Je schlechter der Inhalt, umso besser muss die Verpackung sein. Dieser Grundsatz gilt mittlerweile offenbar nicht mehr nur für Gammel-Fleisch und Co. – sondern immer mehr auch für Gesetze. Die heißen nun „das Gute-Kita-Gesetz“ oder „Pflegepersonal-Stärkungsgesetz“.

 Peter Wilhelm

Peter Wilhelm

Foto: SZ/Robby Lorenz

Fehlt ja eigentlich nur noch „das märchenhafte Maut-Gesetz“.

Allen gemeinsam: Sie hören sich gut und positiv an, sind aber oft einfach nur Mogelpackungen. Das schöne Schlagwort verschleiert, dass die Realität ganz anders aussieht. So wie bei meinem persönlichen Unwort des Jahres – das strenggenommen ein ganzer Begriff ist: „Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung“. Dieses Gesetz hatte Minister Jens Spahn mit großem Brimborium im August verkündet. „Die Qualität und die Sicherheit der Arzneimittelversorgung wird dadurch deutlich verbessert“, versprach er. Und wie sieht die Realität aus? Zum Jahreswechsel waren 291 Medikamente in Deutschland nicht verfügbar – so viele wie noch nie zuvor. Alltagspräparate wie Ibuprofen, aber auch Krebsmedikamente. Apotheker und Ärzte schlagen längst Alarm, sprechen von „teils katastrophalen Zuständen“. Zum Vergleich: 2014 waren 30 Medikamente nicht verfügbar. Das war vor dem „Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung“. Spahn bekräftigt nun ein „schärferes Vorgehen“ und neue Richtlinien. Vielleicht sollten die Ministerien diesmal weniger an schönen Namen fabulieren als an guten Inhalten feilen.

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