Gastgeber in einer fremden Stadt

Saarlouis · Andreas Krämer hat das Hotelfach im Saarland gelernt, bevor er Karriere in der weiten Welt machte – auf den Malediven, in Thailand, Indien und jetzt in China. Eine Rückkehr ins Saarland will er nicht ausschließen.

Andreas Krämer muss sich in diesen Wochen warm anziehen. Das ist nicht im übertragenen Sinn gemeint, sondern wortwörtlich. Denn im Nordosten Chinas, wo der 39-Jährige seit über einem Jahr lebt, werden es im Winter schon Mal minus 45 Grad Celsius. In der frostigen Stadt Harbin, einer Millionen-Metropole, leitet der gebürtige Saarländer ein Fünf-Sterne-Hotel. Luftlinie 8000 Kilometer entfernt von seiner Heimat, am anderen Ende der Welt.

Der gebürtige Saarlouiser ist einer der erfolgreichsten Hoteldirektoren Chinas. Sein Hotel hat 400 Angestellte und 345 Zimmer. Ein einfaches Zimmer kostet 140 Dollar die Nacht, die Präsidentensuite 3500. Im Winter lässt er auf dem Gelände ein Haus aus Eis bauen, in dem seine Mitarbeiter Glühwein ausschenken und Gulasch anbieten. Auch Eis gibt es dann. "Die Chinesen lieben Eis, auch bei minus 40 Grad", sagt Krämer. Gerade erhielt sein Hotel, das zur Kette Wanda Realm gehört, eine Auszeichnung als bestes Fünf-Sterne-Hotel Chinas, Krämer erhielt zudem den Titel bester Hoteldirektor. Das Hotelfach hat er im Saarland gelernt, nachdem er zuvor schon Jahre im Ausland verbracht hat.

Als Andreas Krämer sieben Jahre alt war, wanderten seine Eltern nach Südafrika aus. Sein Vater, ein Bäckermeister aus Nalbach, fand dort eine Anstellung in einer Hotelanlage. Nach zwei Jahren zog die Familie weiter auf die Bahamas, kehrte aber bald wieder nach Südafrika zurück. 1992 kehrte Krämer ins Saarland zurück, arbeitete bei der Villa Fayence in Wallerfangen. Er absolvierte eine Ausbildung zum Hotelfachmann und zum Koch im damaligen Panonia-Hotel in Saarlouis (heute Victor's). Krämer sei damals schon "extrem aufgeschlossen" und "ein Weltbürger mit saarländischen Wurzeln" gewesen, sagt einer seiner damaligen Ausbilder.

Nach der Ausbildung wechselte Krämer als Wirtschaftsdirektor zum Parkhotel Weiskirchen, dann zum Hotel Schloss Berg in Nennig. Parallel machte er in Saarbrücken seinen Meister im Hotelfach.

Dann ging Krämer wieder auf große Tour, die bis heute andauert. Er wanderte auf die Malediven aus, wo er Assistent eines Hoteldirektors wurde. Dort erlebte er an Weihnachten 2004 auch den verheerenden Tsunami. "Ich habe bis zur Brust im Wasser gestanden", sagt er. Von dort ging es weiter auf die thailändische Insel Ko Samui, wo er auch seine spätere Frau, eine ungarische Reise-Unternehmerin, kennenlernte. Von Thailand aus ging Krämer nach Indien, wo er das erste echte Wellness-Hotel der Hotelkette Hilton aufbaute. Das Hotelgelände ist so groß, dass sich die Beschäftigten mit Autos fortbewegen.

Nach fast drei Jahren in Indien lockte ihn ein Headhunter nach Harbin in China. Die Stadt ist für das Schnee- und Eis-Festival bekannt, die filigranen Skulpturen - oft Nachbauten berühmter Gebäude - ziehen jedes Jahr Menschenmassen an. Harbin gefalle ihm, sagt Krämer. Die Stadt sei russisch angehaucht. Im Sommer kämen viele Chinesen aus Peking oder Shanghai für eine oder zwei Wochen nach Harbin, weil dort die Luft viel besser sei.

Er hat sich gut eingelebt, nimmt gerade einen Chinesisch-Sprachkurs, sein Sohn geht in einen chinesischen Kindergarten. Nach Deutschland kommt er selten, vielleicht ein oder zwei Mal im Jahr. Im Saarland war Krämer seit drei Jahren nicht mehr. Das hängt auch mit dem langen Flug zusammen, über 15 Stunden ist er unterwegs. An seine Heimat fühlte er sich aber vor wenigen Wochen in China erinnert, als in seinem Hotel fünf Saarländer abstiegen. Die Mitarbeiter einer Elektrofirma hatten einen Auftrag in der Gegend.

Irgendwann mal ein Hotel in Europa oder in den USA zu leiten, das wäre interessant und eine Option, sagt Krämer. Auch eine Rückkehr nach Deutschland ist nicht ganz ausgeschlossen. "Es müsste aber schon ein Hotel mit einem gewissen Kaliber sein", meint der 38-Jährige. Wenn er mal "viel älter" sei, vielleicht in 20 Jahren, könne er sich auch etwas ganz anderes vorstellen: "Eine kleine Pension an der Saarschleife, wo die Radler im Sommer vorbeikommen - das wäre ganz nett."

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