Boxen Der Leberhaken war seine große Stärke
Saarlouis/Lauterbach · Der ehemalige Box-Europameister Manfred Graus ist im Alter von 86 Jahren gestorben.
Nur zehn Tage nach seinem 86. Geburtstag starb am Dienstag mit Manfred Graus einer der erfolgreichsten Boxer des Saarlandes. Der blonde Rechtsausleger war in den 60er Jahren das große Aushängeschild des saarländischen Box-Sports.
Graus, der mit neun Geschwistern in Fraulautern aufwuchs, begann 1947 im Alter von sieben Jahren mit dem Boxen. 1955 wurde er erstmals Saarlandmeister und stand fortan gegen zahlreiche Weltklasse-Boxer im Ring – beispielsweise gegen den zweimaligen Europameister Leszek Drogosz aus Polen, den er 1957 als Neuling im deutschen Team in einem Länderkampf bezwang. Auch mit seinem SV 09 Fraulautern schickte er in ganz Europa seine Gegner auf die Bretter.
Fürchten mussten seine Gegner vor allem einen Schlag. „Der Leberhaken war meine große Stärke, damit habe ich die meisten Kämpfe gewonnen“, sagte Graus später im Rückblick auf seine Karriere. Über 600 Kämpfe hat der gebürtige Fraulauterner als Amateur seit seiner Jugend absolviert – hinzu kamen 25 Profi-Kämpfe.
Seinen größten Erfolg errang Graus 1957 in Prag, wo er nach internen Ausscheidungs-Kämpfen für den Deutschen Amateur-Box-Verband bei den Europameisterschaften im Weltergewicht startete. Nach Punktsiegen über Alfredo Parmeggiani aus Italien, den Tschechoslowaken Rock und den sowjetischen Meister Juri Gromow gab es im Finale gegen den Österreicher Leopold Potesil einen Abbruchsieg in der dritten Runde. Bis 2018 war Graus der einzige saarländische Boxer, der sich einen Europameister-Titel erkämpfen konnte. Dann sicherte sich der Obersalbacher Mirco Martin ebenfalls den EM-Titel.
1959 wechselte Graus ins Profi-Boxen, wo er auch schnell einige Kämpfe gewinnen konnte. Nach einer Niederlage gegen Stefan Redl legte Graus aber von 1962 bis 1966 eine Pause ein. Ein Comeback-Versuch in den Jahren 1966 und 1967 scheiterte. Unter anderem stand er in Bologna gegen Weltmeister Nino Benvenutti aus Italien im Ring – verlor aber durch K.o.
Nach fast 20 Jahren hängte er 1970 schließlich die Handschuhe an den Nagel, blieb aber weiterhin dem Box-Sport verbunden, unter anderem als Trainer seines damaligen Heimatvereins Wallerfangen. Zudem engagierte sich Graus, der mittlerweile in Lauterbach wohnte, mehr als ein Jahrzehnt ehrenamtlich als Busbegleiter für die Sicherheit von Kindern. 1999 fing er damit an, im Dezember 2009 machte er seine letzte Fahrt. An jedem Schultag war der Rentner drei bis vier Stunden unterwegs – insgesamt machte er 5358 Fahrten. Für sein Engagement bekam Graus zwar keinen Titel, aber er wurde 2003 mit der Bundesverdienstmedaille ausgezeichnet. 2010 ehrte ihn zudem die Stadt Völklingen.
Dem Boxen blieb er stets verbunden, war Gast bei vielen Kämpfen in der Region. Die Handschuhe, mit denen er beim EM-Finale seinen österreichischen Konkurrenten auf die Bretter schickte, hingen stets im Keller am Nagel. Dort bewahrte er neben Urkunden, Auszeichnungen und Zeitungsausschnitten auch die EM-Goldmedaille und den begehrten Gürtel auf. Der trägt die Aufschrift „Mister Europe – Prag 1957“.