Sozialkaufhaus Flotte Schnitte und moderne Frisuren

Saarlouis · „Barber Angels“ verpassen Bedürftigen im Saarlouiser Sozialkaufhaus kostenlos neue Haarschnitte.

 Tina Flohr aus Schwäbisch-Gmünd (links), Björn Hary (rechts) und weitere „Barber Angels“ im Einsatz.

Tina Flohr aus Schwäbisch-Gmünd (links), Björn Hary (rechts) und weitere „Barber Angels“ im Einsatz.

Foto: Johannes A. Bodwing

„Zum letzten Mal beim Friseur war ich 2012“, sagte eine junge Frau gegen Sonntagmittag im Saarlouiser Sozialkaufhaus. Dort kümmerten sich von 11 bis gegen 15 Uhr routinierte Friseure um etwa 100 Bedürftige. Die Schirmherrschaft hatte Ministerpräsident Tobias Hans übernommen.

Bei ihrem ersten Termin in Saarlouis machten die so genannten „Barber Angels“ aus gerade noch akzeptablen Haaren, flotte Schnitte und moderne Frisuren. Viele, die das kostenlose Angebot nutzten, legen sonst selbst Hand an oder bitten andere darum. „Ich habe etwas mehr als einen Euro im Monat für den Friseur“, sagte die junge Frau. „Da muss ich Monate sparen, und dann sind erst mal die Kinder dran.“ Die Aktion der „Barber Angels“ komme gerade recht, denn sie „habe morgen ein Vorstellungsgespräch“.

Hinter dem Haarschnitt stand Lisa Emmerich aus Weiskirchen. „Ich finde es schön, wenn man jemandem helfen kann. Und dass sie damit vielleicht wieder eine Chance kriegen.“ Mit Emmerich waren weitere 13 aktive Haarkünstler im Einsatz plus drei, die sich um die Organisation kümmerten. Teilweise auch aus anderen Bundesländern wie Tina Flohr aus Schwäbisch-Gmünd. Dazu kamen Mitarbeiterinnen der Diakonie, Mitglieder des „Rotary-e-club 1860“ und vom Optik-Geschäft Apollo in Saarlouis. Deren Filialleiter, Sascha Will, prüfte das Sehvermögen. „Die Lesebrille gibt es gleich hier, wer eine Fernbrille braucht, den lade ich für heute Mittag in den Laden ein.“ Alles sei kostenlos, „weil wir auch mithelfen möchten“.

Ohne solche Unterstützung wäre Vieles nicht machbar, versicherte Gaby Günther, zuständig für die Pressearbeit. Dazu gehörten auch Spenden für Beauty-Tüten unter anderem mit Zahnpasta, Shampoo, Nagelfeile und Haarbürste. Die „Barber Angels“ gibt es, seit Claus Niedermaier, Friseur aus Biberach an der Riß, im November 2016 die „Barber Angels Brotherhood“ gründete, eine Bruderschaft von Friseuren. Derzeit sind um die 120 Mitglieder bundesweit aktiv.

Sie erinnern in ihrer schwarzen Kluft an eine Motorradgang. „Das sieht so ein wenig nach Außenseiter aus. Damit nehmen wir den Leuten die Scheu“, erklärte Karl-Heinz Rupp, der in Hülzweiler einen Salon betreibt. „Mit unserem Beruf können wir soziales Engagement zeigen. Denn ein schöner Haarschnitt zeigt, ich sehe gepflegt aus, ich bin ein Mensch.“ Ob Kleinkind oder Senior brachten sie am Sonntag optisch wieder in Form. Dabei rollten so manche Glückstränen, wenn die unansehnlich gewordenen Haaren einer neuen Frisur gewichen waren. Dabei legten die Haarkünstler auch Wert darauf, den jeweiligen Charakter zur Geltung zu bringen.

Sie habe den Aushang vor etwa zwei Wochen gesehen, stellte eine der Kundinnen dar, und sich gleich angemeldet. „Den Friseur kann ich mir nicht leisten, das sind 50 bis 60 Euro. Hier schaue ich mir ein paar der Frisuren an und lasse mich beraten“. Später schaute sie mit zufriedenem Blick in den Spiegel. „Ich bin überwältigt“, begeisterte sich eine ältere Frau über den flotten Kurzhaarschnitt. Und dann liefen wieder die Freudentränen. Zu ihrer Lebensgeschichte gehören Krebs, Magen-OP und andere heftige Schicksalsschläge.

An einer Fortsetzung des Projektes sind sowohl die Diakonie wie auch die „Barber Angels“ interessiert. Dann könnte diese Aktion alle zwei bis drei Monate in Saarlouis stattfinden. Auch dafür sucht Björn Hary aus Dudweiler noch Aktive. „Etwa 20 bis 25 sollten es schon sein“, sagte der Regionalleiter der „Barber Angels“ im Saarland.

Kontakt: Tel. (0 68 97) 9 83 21 00, weitere Informationen zum Projekt im Internet:

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