Fahrrad-Verbot vom Bürgermeister

Saarlouis · Hans-Friedrich Ahl ist Epileptiker. Deshalb darf der Postzusteller in der Gemeinde Schmelz kein Fahrrad mehr fahren, sagt der Bürgermeister. Das Gericht stellte jetzt aber fest, dass dieser ein solches Verbot gar nicht aussprechen darf.

Ein Bürgermeister untersagt einem Mann das Fahrradfahren auf öffentlichen Straßen. Dieser klagt gegen den Gemeindechef und das Gericht stellt fest, dass der Bürgermeister überhaupt nicht befugt ist, einem Anwohner die Fahrerlaubnis zu entziehen.

Hinter dieser skurril anmutenden Geschichte verbirgt sich auch ein ganz persönliches Schicksal. Nämlich das von Postzusteller Hans-Friedrich Ahl. Weil er an Epilepsie leidet, hat ihm der Schmelzer Bürgermeister Armin Emanuel - als Chef der Ortspolizeibehörde - das Radfahren verboten. "Grundlage der Untersagung waren Mitteilungen der Polizei wegen einer Reihe von Vorfällen, mit der Aufforderung an die Gemeinde Schmelz, tätig zu werden", teilt die Gemeinde auf Anfrage mit.

Allerdings hat Ahl keine klassischen Krampfanfälle. Ihn ereilen Bewusstseinsstörungen, sogenannte komplexe fokale Anfälle. "Er ist dann in einer Art Dämmerzustand. Das hat mein Mann schon immer, und er kann gut damit umgehen", erzählt seine Frau Rita Ahl. Das Ehepaar ist vor einigen Jahren aus dem Landkreis Harz nach Schmelz gezogen. Jahrzehnte fuhr Hans-Friedrich Ahl dort unbehelligt beruflich Briefe und Zeitungen aus. Da habe es nie Probleme gegeben, berichtet Rita Ahl. "Wenn er einen Anfall hat, merkt er das vorher und wirft sich vom Rad ins Gebüsch."

Ahl, der aufgrund seiner Erkrankung auch kein Auto steuern darf, bestreitet seinen Lebensunterhalt auf dem Sattel seines Fahrrads. "Die Post muss ja pünktlich in den Briefkästen sein. Zu Fuß ist das nicht machbar", erklärt die Ehefrau.

Das Ehepaar hatte sich juristische Unterstützung geholt und gegen den Beschluss des Bürgermeisters Widerspruch beim Kreisrechtsausschuss in Saarlouis eingelegt. "Dieser hat unserem Widerspruch nicht abgeholfen und den Bürgermeister als zuständig eingestuft", erklärt Anwältin Maria Luise Lauer. Daraufhin habe sie für die Ahls beim Saarlouiser Verwaltungsgericht geklagt.

Dort stellte der Vorsitzende Richter nun fest, dass der Gemeindechef für den Entzug der Radfahrerlaubnis überhaupt nicht zuständig sei. Diese Befugnis obliege bei der zuständigen Behörde des Landkreises. "Insofern ist das heute ein Pyrrhussieg für den Kläger" sagte der Richter.

Ahl darf also bis auf Weiteres in Schmelz Fahrrad fahren. Jedoch komme dieses "Recht in vollem Umfang" für die Familie zu spät. "Das Ehepaar ist aufgrund der Streitigkeit in den Landkreis Merzig-Wadern umgezogen", berichtet die Anwältin.

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