„Es verändert sich nichts und doch alles“

Saarlouis · An HIV zu erkranken, ist heutzutage kein Todesurteil mehr. Trotzdem verändert die Infektion den gesamten Alltag und insbesondere den Umgang mit anderen. Ein Betroffener erzählt vom Leben mit HIV, das er seit eineinhalb Jahren führt.

"Ich habe erst gedacht, der Arzt hätte einen schlechten Scherz gemacht", beschreibt ein Betroffener die Situation, als er vor etwa eineinhalb Jahren die Diagnose erhielt: HIV. "Ich hatte überhaupt nicht damit gerechnet", erzählt er. Bei dem Test habe es sich um einen Routinetest gehandelt. "Ich bin homosexuell und gehöre zu einer Risikogruppe", erklärt er, "da sollte man sich regelmäßig testen lassen". Die Diagnose wirkte auf den heute 29-Jährigen damals "niederschmetternd. Ich wusste nicht, wie es weitergeht. Mein Arzt hat mir dann einen Termin in der Uniklinik in Homburg organisiert. Im Gespräch dort ging es um den Umgang mit der Infektion an sich, das hat mir viel Angst genommen."

Kurz darauf begann die Behandlung. "Gerade am Anfang war das schwierig, weil der Körper eine Eingewöhnungszeit braucht", erinnert er sich. Das Medikament besteht aus mehreren Komponenten, die zunächst einzeln und später kombiniert genommen werden. "Die Komponente, die man abends nimmt, ist psychoaktiv", beschreibt er, "man ist müde, benommen und hat ein Schwindelgefühl. Das merkt man, wenn man nachts wach wird: Alles dreht sich, und man kann nicht mehr gerade stehen. Das ist schlimmer als bei starker Alkoholisierung."

Doch das Schlimmste an der Erkrankung ist für ihn die Stigmatisierung. "HIV ist sehr negativ behaftet, es liegt immer am Informationsgrad der Menschen, wie sie damit umgehen", erzählt er. Deshalb hat er nur seinem engsten Freundeskreis davon erzählt - und dieser hat es durchweg positiv aufgenommen, "mit Anteilnahme, aber nicht mit zu großer Besorgnis oder Abneigung".

Doch nicht nur im Freundeskreis, sondern auch beim Partner hat der junge Mann auf Ehrlichkeit gesetzt. "Ich kenne Leute, die sehr unbesorgte Partner haben, und es gibt Partner, die sind übervorsichtig - zum Beispiel schon, wenn es um das Teilen der Zahnbürste geht", erzählt er. "Mit meinem aktuellen Partner hat es lange gedauert, bis er sich halbwegs sicher damit bewegen konnte. Gelegentlich gibt es immer noch Überreaktionen."

In den meisten Situationen spielt die Krankheit jedoch mittlerweile kaum mehr eine Rolle. "Im Leben gibt es viel schlimmere Risiken und die Wahrscheinlichkeit, dass man an HIV stirbt, ist sehr gering", erklärt der Betroffene, und fasst zusammen: "Es verändert sich nichts, und doch verändert sich alles." > Interview zum Thema auf

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