„Es ist grenzwertig und kommt auf die Situation an“

Kreis Saarlouis · Obwohl Ermittlungen gegen OB Henz und Landrat Lauer wegen Vorteilsnahme – sie wurden zum Essen eingeladen – eingestellt wurden, betrachten viele die Angelegenheit kritisch. Eingstellt wurden die Ermittlungen gegen Zahlung einer Geldauflage.

"Es gleicht dem Fall Ecclestone auf kleinem Niveau." So umschreibt Udo Ludwig (42) aus Nunkirchen die Einstellung der staatsanwaltschaftlichen Untersuchungen gegen den Saarlouiser Oberbürgermeister Roland Henz und Landrat Patrik Lauer . Gegen beide wurde wegen des Verdachts auf Vorteilsnahme ermittelt, weil sie von einem Saarbrücker Ingenieursbüro zum Essen eingeladen wurden. Gegen eine Zahlung von 800 (Henz) und 9000 (Lauer) Euro seien die Ermittlungen eingestellt worden, bekunden beide. (wir berichteten) Gesetzlich durchaus legitim, aber in der Bevölkerung nicht ganz unumstritten, wie eine Umfrage in der Saarlouiser Innenstadt zeigt.

"Es ist ein Witz, dass man sich freikaufen kann. Das ist nicht okay, aber normal ist es trotzdem", fügt Udo Ludwig hinzu.

Ähnlich sieht es Ulrich Pätzold aus Saarbrücken: "Man sollte die Finger davon lassen. In solchen Fällen würde ich mein Essen lieber selbst bezahlen." Das habe ein gewisses "Geschmäckle" und in einem öffentlichen Amt solle man bemüht sein, sich nichts zuschulden kommen zu lassen, betont der 78-Jährige.

Von Freunden eingeladen werden sei okay, findet dagegen Jürgen Noh (63) aus Saarlouis : "Aber Einladungen von Unternehmen sollte man ablehnen, wobei es ja mittlerweile gang und gäbe ist."

Sarah Schäfer aus Saarlouis sieht dies ähnlich: "Bei einem privaten Essen eingeladen zu werden, ist in Ordnung, aber bei einem geschäftlichen Essen sollte jeder selbst bezahlen."

Ein wenig differenzierter nimmt Corneille Wagner aus Luxemburg dazu Stellung. Er selbst habe als Gemeindearbeiter im luxemburgischen Bech die Erfahrung gemacht, dass nach dem Abschluss von Arbeiten eine Einladung zum Essen als normal galt. "Es ist trotzdem grenzwertig und kommt auf die Situation an", erklärt er.

Jüngere Passanten sehen die ganze Thematik weitaus lockerer. So zum Beispiel Kevin Brausch aus Schwalbach. "Eingeladen zu werden ist immer gut", findet der 18-Jährige. Und die 16-jährige Lucie Waschbüsch aus Überherrn fügt hinzu: "Kontakt zu Firmen und Unternehmen ist in einem öffentlichen Amt wichtig." Dass eine Untersuchung von Seiten der Staatsanwaltschaft wegen Vorteilsnahme allerdings nach Zahlung einer bestimmten Geldauflage auch eingestellt werden kann, verwundert die beiden schon. Und das betrachten sie durchaus kritisch. "Wenn man nichts zu verheimlichen hat, dann kann man es auch ruhig zu einem Gerichtsverfahren kommen lassen", findet Lucie.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort