Eine Frage der Messmethode

Kreis Saarlouis · Viele Bürger im Landkreis Saarlouis sind verunsichert. Immer öfter warnen die Behörden vor coliformen Bakterien im Trinkwasser. Hat sich dessen Qualität etwa verschlechtert? Nein, sagen Experten.

 In einem Labor untersuchen Mitarbeiter die coliformen Bakterien. Foto: Bayer

In einem Labor untersuchen Mitarbeiter die coliformen Bakterien. Foto: Bayer

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"Achtung, coliforme Bakterien im Trinkwasser " - diese Warnung erreichte die Menschen im Landkreis gleich zweimal innerhalb kurzer Zeit. Mitte August entdeckten die Saarlouiser Stadtwerke Keime. Betroffen waren die Innenstadt, Picard, Beaumarais, Lisdorf, Neuforweiler und Teile von Fraulautern, Roden sowie Steinrausch. Nur einen Monat später stellten auch die Technischen Werke Rehlingen Siersburg bei einer Routineuntersuchung eine Verunreinigung fest. Während das Wasser in Saarlouis mittlerweile wieder einwandfrei ist, gibt es in Rehlingen-Siersburg noch immer keine Entwarnung. In allen Ortsteilen der Gemeinde - außer in Rehlingen und Niedaltdorf - wird das Wasser daher bis auf Weiteres gechlort.

Viele Bürger sind nun verunsichert. Hat sich die Qualität des Trinkwassers verschlechtert? "Nein", sagt Dr. Thomas Brück. Er arbeitet bei der energis-Netzgesellschaft und ist Leiter des Trinkwasserlabors in Ensdorf. Dass die Tester zurzeit öfter Keime finden, liegt seiner Meinung nach an einer neuen Messmethode, die Anfang 2015 verbindlich wurde. Zum Hintergrund: Ein Großteil der coliformen Bakterien lebt im Darm von Tieren und Menschen. Doch nur einige Stämme können Krankheiten auslösen. Um festzustellen, ob Bakterien im Trinkwasser möglicherweise schädlich sind, muss ihr Stoffwechsel untersucht werden. Durch das neue Messverfahren werden jetzt auch Stoffwechsel-Produkte analysiert, die vorher nicht berücksichtigt wurden. Das ist der Grund dafür, dass nun weitere Gattungen den coliformen Bakterien zugeordnet werden. Durch die neue Messmethode erhöhe sich natürlich auch die Häufigkeit, in der Keime nachgewiesen werden. Dr. Brück erklärt: "Dennoch kann daraus nicht zwingend auf eine Verschlechterung der Trinkwasserqualität geschlossen werden."

Der Laborleiter gibt zudem zu bedenken, dass die Anforderungen der Trinkwasserverordnung (TVO) den politischen Willen widerspiegeln. "Sie geben ein Sicherheitsniveau vor, das schon bei möglicherweise ,ungefährlichen' oder ,mindergefährlichen' Situationen Maßnahmen auslöst."

Welche Maßnahmen im Falle einer Verunreinigung getroffen werden, sei genau festgelegt. Ebenso die Überwachung des Trinkwassers. "Die Häufigkeit und die Probezyklen sind in Deutschland im Rahmen der Trinkwasserverordnung vorgeschrieben", sagt Dr. Ralf Levacher, Technischer Geschäftsführer der Stadtwerke Saarlouis . Die Stadtwerke entnehmen seit vielen Jahren, neben den gesetzlich geforderten, zusätzliche Proben an unterschiedlichen behördlich registrierten Entnahmestellen. "Pro Jahr sind das 95 Proben", berichtet Dr. Levacher. Diese werden umgehend an ein Trinkwasserlabor geschickt und von Experten untersucht.

Bei der kleinsten Auffälligkeit schlagen die Tester Alarm. Denn in Deutschland dürfen keine coliformen Bakterien im Trinkwasser vorkommen. "Eine Warnung der Bevölkerung erfolgt daher konzentrationsunabhängig bereits bei Nachweis von einem Keim", sagt Dr. Wolfgang Schmitt, Leiter des Gesundheitsamtes Saarlouis . Einen wirklichen Grund zur Sorge sieht der Mediziner bei den kürzlich entdeckten Verunreinigungen nicht. Er erklärt, dass coliforme Bakterien für den Großteil der Bevölkerung ohnehin keinerlei gesundheitliche Relevanz hätten. Lediglich bei immunabwehrgeschwächten Personen, wie Säuglingen, Kleinkindern, Senioren oder chronisch Erkrankten, könnten die Bakterien unter bestimmten Umständen zu Beschwerden führen.

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