Ein neues Stück Saarlouiser Erzähllust

Saarlouis · „Die Rückkehr meines linken Armes“ ist Titel eines neuen Buches von Andreas H. Drescher. Das lässt auf ein Buch schließen, dessen Leseerlebnis nicht in heimeliger Behaglichkeit besteht. Auch wenn der Untertitel „Geschichten einer Gegend“ heißt.

 Andreas H. Drescher liest in seinem neuen Buch „Die Rückkehr meines linken Armes“. Foto: Katja Adolph

Andreas H. Drescher liest in seinem neuen Buch „Die Rückkehr meines linken Armes“. Foto: Katja Adolph

Foto: Katja Adolph

Andreas H. Drescher, ein durchaus anerkannter Saarlouiser Autor, hat das Buch "Die Rückkehr meines linken Armes" als Beitrag zum 200-jährigen Bestehen des Landkreises Saarlouis herausgebracht. Es handelt von einzelnen Menschen, die es wirklich gab oder gibt. Die Menschen dieser Geschichten stehen alle irgendwie wenigstens mit einem Fuß in Saarlouis , viele aber mit dem anderen auch irgendwo in der Fremde. "Keine von den Figuren im Buch ist vollständig erfunden, und keine Figur in dem Buch ist ein Portrait eines lebendigen Menschen." Also "eine Art Paralleluniversum", wie Drescher erklärt.

Ohne dass Drescher diese Absicht hätte - er passt damit seine Kurzgeschichten in etwas ganz Saarlouiserisches ein und führt es fort: eine Legierung aus dem, wie es ist, und dem, wie es sein könnte. Virtuos schildert auf diese Weise Alfred Gulden Saarlouis und das Leben. Aber das Prinzip kennen wir schon aus den Legenden um den Soldaten Lacroix, der angeblich oder wirklich, - was macht das schon? - als einziger den Abzug der französischen Garnison aus Saarlouis verpennt hatte. Damals, vor 200 Jahren, als zuerst Saarlouis preußisch und dann der Landkreis Saarlouis gegründet wurde.

Und lässt man diesem Fabulieren seinen Lauf, ist man irgendwann bei der jährlichen Zelebration des Erzlügners Tonton in der Saarlouiser Altstadt.

Dreschers Geschichten gehören aber auf die andere, die literarische Seite dieser Saarlouiser Erzähllust. Drescher beobachtet sehr genau, er weiß exakt, was er erzählen will, und er schreibt hoch diszipliniert. Man versteht, warum er sein Erzählen "realistisch" nennt, und man versteht, was er erzählen will. Etwa mit dem letzten Satz der Geschichte "Saarlouis Quito Saarlouis ", der lautet: "Ihr Gefühl für ihn hat jedoch von Anfang an gelernt, ohne ihn auszukommen."

Solchen Menschen, in diesem Fall sogar namenlos, ist Drescher begegnet, hat sie, wie er sagt, nicht gerade links liegen gelassen, aber doch nachlässig, eben mit Links, behandelt, kurz, ohne Aufhebens. "In diesem Sinne wollte ich mir meinen linken Arm zurückholen aus der Eingeschlafenheit." Also den mit Links auf Armeslänge Gehaltenen zu sich ziehen. Und so kommt es zur Sammlung über Menschen, die oft gegen Regeln verstoßen, "der Fokus liegt aber in den Reaktionen darauf". Als Reiz des realistischen Erzählens erlebt Drescher "die Beglückung, sich selbst mit einem anderen zu verwechseln, eine Entgrenzung".

Begonnen hat das mit den Geschichten, die Drescher, Jahrgang 1962, von seiner Großmutter gehört und aufgeschrieben hatte. Es folgten Interviews, Gesprächsnotizen über Jahre. Die sichtete und bearbeitete Drescher für das Buch.

Seine schöne Idee: "All diese Menschen sind noch am Leben, ganz unterschiedlich alt, und sie könnten alle bei schönem Wetter in der Französischen Straße zur gleichen Zeit im gleichen Eiscafé sitzen."

Das Buch erscheint in der Edition Abel. Es kommt jetzt für 19,80 Euro in den Buchhandel.

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