Dieses kleine Kanönchen gibt es nur in Saarlouis

Saarlouis · Jeder kennt die beiden Kanonen vor dem Deutschen Tor, die auf die militärische Vergangenheit von Saarlouis hinweisen. Kaum einer aber kennt eine dritte Kanone im Stadtgarten. Dr. Frank Morgenthal vom Traditionsverein der 30er hat sie jetzt identifiziert.

Die heute als Fotomotiv beliebten Kanonen vor dem Deutschen Tor in Saarlouis standen ursprünglich an dem Denkmal vor dem Amtsgericht und wurden nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst im Saaraltarm versenkt. "Beide Kanonen sind die wohl einzigen existierenden Exemplare der preußischen Feldkanone C/61", vermutet Dr. Frank Morgenthal, der sich als Leiter des Traditionsvereins der 30er auskennt. Die 30er waren das preußische Hausregiment in Saarlouis bis in den Ersten Weltkrieg.

Morgenthal ist nun überraschend fündig geworden beim Versuch, die kaum bekannte dritte Kanone in Saarlouis, Standort vor dem Hallenbad, zu identifizieren. "Sie ist ein artilleristischer Leckerbissen", sagt er. "Sie ist selten und wohl das einzige weltweit existierende Exemplar ihrer Art. Sie fügt sich nahtlos in die Reihe der preußischen Feld- und Festungsgeschütze an die C/61, also dem Typ vor dem Deutschen Tor, ein."

Identifiziert hat Morgenthal die kleine Kanone im "Leitfaden für die Kanoniere der Fußartillerie" von 1898. Das Buch gehörte seinem Urgroßvater, einem Fußartilleristen.



Es handelt sich laut Morgenthal um eine abgeänderte preußische Feldkanone C/64, gegossen 1864 bei Krupp. Diese hatte im Vergleich zur C/61 einen neuartigen Verschluss, der die Kanone im Schuss besser nach hinten abdichten sollte, den Kreiner'schen Keilverschluss.

Doch infolge "vorgekommenen Zerspringens" wegen zu starker Ladung, wie es in einem Bericht 1867 hieß, kam sie nicht zum Einsatz.



Stattdessen wurden, so Morgenthal, diese Kanonenrohre C/64 mit einer Lafette für Festungsgeschütze versehen und als so genannte "Grabengeschütze" verwendet. Sie standen in gemauerten Kasematten und konnten Feinde, die in die Festungsgräben eingedrungen waren, flankierend beschießen. Morgenthal: "Das Saarlouiser Geschütz ist ein solches und hat eine "Kasematten-Rahmenlafette C/73" von 1873.

Das Rohr der Kanone ist seitlich bewegbar und kann im Schuss nach hinten laufen. Gedämpft wird dieser Rohrrücklauf durch einen glyceringefüllten Zylinder mit einem Kolben, eine hydraulische Bremse.

Das Rohr steht zurzeit in seiner hintersten Position, daher das etwas seltsame Aussehen. Es müsste eigentlich nach vorne gezogen und die hintere Strebe heruntergeklappt werden. Morgenthal: "Es ist das wohl weltweit einzige Exemplar. Die Stadt Saarlouis kann somit mit drei sehr seltenen preußischen Geschützen aufwarten. Dies dient auch als Anziehungspunkt für Touristen aus aller Welt."

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