Die späte Geburt der Gabel

Saarlouis · Das Museum Haus Ludwig zeigt in Kooperation mit dem Suermondt-Ludwig-Museum Aachen und der Sammlung Ludwig Bamberg eine Ausstellung mit historischem Besteck und Porzellan.

 „Augenschmaus“ ist der Titel der Ausstellung im Haus Ludwig. Foto: museum/Petra Molitor

„Augenschmaus“ ist der Titel der Ausstellung im Haus Ludwig. Foto: museum/Petra Molitor

Foto: museum/Petra Molitor

Das Besteck aller Bestecke gibt es nicht, nur eins, das die einen, und eins, das die anderen lieben, weil es dem Auge, weil es der Hand gefällt. Schaut man sich die Sammlung des Suermondt-Ludwig-Museums, nach der des Solinger Klingenmuseums die bedeutendste, an, gewinnt man mitunter den Eindruck, es handle sich um Werkzeug aus dem mittelalterlichen Waffenarsenal.

Das Besondere an dieser Ausstellung sind jedoch nicht einzelne Messer und Gabeln, sondern die faszinierende Vielfalt an Formen und Materialien, aus denen die Griffe gemacht sind: Bernstein, Perlmutt, Buchsbaum, Koralle, Bergkristall, Achat, Porzellan , Fayence und Holz sowie figürlich geschnitztem Elfenbein und anderen.

Ins Auge fällt ein zwölfteiliges französisches Besteck aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. Die Griffe sind aus Silber, vergoldetem Silber und Jaspis gefertigt. Ein Glanzstück ist ein Tauflöffel aus dem Privatbesitz des Ehepaars Ludwig, das unter anderem mit einem Zinnbesteck und -geschirr sowie einem Weinkühler nach Entwürfen von Schinkel zur Sammlung beigetragen hat.

Als seltene Objekte gelten ein osmanischer Löffel, zwei südosteuropäische Messer sowie ein venezianisches aus dem 16./17. Jahrhundert.

Besteck galt zunächst einmal als Statussymbol. Jeder besaß eins, das seinen Bedürfnissen und Möglichkeiten angepasst war, und vererbte es. Man trug es stets bei sich und nahm es mit auf Reisen und zu Essenseinladungen, da die Angst vor einer Vergiftung groß war. Die Dreiheit, Messer, Gabel, Löffel, noch dazu in ganzen Sätzen und in Form und Dekor gleich, wie wir sie kennen, hat sich in der europäischen Tisch- und Tafelkultur erst spät herausgebildet, grosso modo um 1700.

Deutlicher zeigt sich der Wandel historischer Bestecke im Verlauf der Geschichte anhand der Gabel. Belegstücke für Speisegabeln gibt es erst zum Ende des 17. Jahrhunderts. Sie wurden zuvor als Spießgabeln, eher mit zwei statt drei kürzeren oder längeren Eisenzinken versehen, zum Tranchieren vorgelegt.

Man nahm sich das Essen stückchenweise auf die spitz geschliffene Messerklinge, von der man es mit drei Fingern abgriff und in den Mund steckte. Das älteste, ausschließlich zur Nahrungsaufnahme bestimmte Gerät ist der Löffel.

Im späten Mittelalter und in der Renaissance hat er einen sehr kurzen Griff und eine runde oder birnenförmige Laffe, aus der man Brei und Suppe schlürfte. Gezeigt werden welche aus Bronze, Messing, Zinn und Holz, datiert auf das Ende des 14. bis 18. Jahrhundert.

Die Sammlung des Suermondt-Ludwig-Museums besteht aus der des Aachener Kanonikers Franz Bock (1823-1899), katholischer Priester, Kunstgelehrter und -archäologe sowie Sammler, vornehmlich mittelalterlicher Kunst, und aus wertvollen Tafelobjekten aus dem Besitz von Irene und Peter Ludwig . Bock legte den Grundstock, als er 1881 seine Kostbarkeiten an die Stadt Aachen verkaufte. Die Ausstellung vermittelt in gelungener Darbietung einen Eindruck von der Essenskultur im Wandel der Jahrhunderte.

Zu sehen ist die Schau bis zum 15. Januar. Es ist ein Begleitbuch erschienen (29 Euro). Der Eintritt ist frei.

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