Interview mit Thomas Meyer Ein Stelldichein ohne abzuschreiben

Kreis Neunkirchen · Der Autor spricht über sein aktuelles Werk und erzählt, warum Bücher und Filme ihn nicht inspirieren.

 Thomas Meyer

Thomas Meyer

Foto: Lukas Lienhard / © Diogenes Verlag

„Wolkenbruchs waghalsiges Stelldichein mit der Spionin“ heißt Thomas Meyers jüngstes Werk. Es handelt von dem orthodoxen Juden Motti Wolkenbruch, der nach seiner Identität sucht. Nachdem er von seiner Familie verstoßen wurde, schließt er sich Schicksalsgenossen an. Diese streben nach Weltherrschaft. Doch bevor es soweit ist, muss Motti gegen Nazis und seine Schwäche für Schicksen (nichtjüdische Frau, Anm. d. Red.) kämpfen. Die Handlung knüpft an „Wolkenbruchs wunderliche Reise in die Arme einer Schickse“ (2012) an, das 2018 auch verfilmt wurde. Im Interview berichtet Meyer von seiner Hauptfigur und wie es ist, wenn das eigene Buch verfilmt wird.

Angenommen, Sie treffen eine Person, die vorher noch nie von Ihrer Hauptfigur Motti Wolkenbruch gehört hat: Wie würden Sie Motti beschreiben?

MEYER Motti ist ein junger orthodoxer Jude, der kaum Kontakt mit der nichtjüdischen Welt um ihn herum gehabt hat – und sich dann Hals über Kopf in eine Schickse verliebt. Er ist ein Wanderer zwischen den Welten auf der Suche nach der eigenen Identität. Etwas naiv, nicht sehr planvoll, aber überaus menschlich.

Welche Filme oder Bücher haben Sie beim Schreiben von „Wolkenbruchs waghalsiges Stelldichein mit der Spionin“ inspiriert?

MEYER Keine. Wenn Filme und Bücher mich inspirieren, schreibe ich ab.

Der erste Band aus der Motti-Wolkenbruch-Reihe, „Wolkenbruchs wunderliche Reise in die Arme einer Schickse“, wurde 2018 verfilmt. Wie kam es dazu?

MEYER Ein Produzent hat eine Radio­sendung gehört, in der ich aus dem Buch las. Er beschaffte es sich und sicherte sich sofort die Rechte. Er hat einen guten Riecher bewiesen, der Film machte in der Schweiz über 300 000 Zuschauer. In Deutschland wären das drei Millionen.

Für die Verfilmung von „Wolkenbruchs wunderliche Reise in die Arme einer Schickse“ haben Sie das Drehbuch geschrieben. Worin und inwiefern unterscheiden sich Roman und Drehbuch hinsichtlich des Schreibprozesses?

MEYER Das sind zwei völlig verschiedene Sportarten. Ein Roman ist erzählerisch und dichterisch. Ein Drehbuch ist eine auf Dialogen und Handlungen beruhende Regieanweisung.

Wie fühlt es sich an, das eigene Buch auf der Kinoleinwand zu sehen?

MEYER Das ist sehr zwiespältig. Man ist riesig stolz, hätte aber alles anders gemacht.

Wie stehen die Chancen, dass auch „Wolkenbruchs waghalsiges Stelldichein mit der Spionin“ verfilmt wird?

MEYER Nicht sehr gut, denke ich. Es hat sich bisher noch niemand dafür interessiert, und der Aufwand wäre gewaltig, bei all den absurden Elementen. Aber ich würde mich sehr darüber freuen.

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