Der Himmel ist kein Schlaraffenland

Saarlouis · Was kommt nach dem Tod? Juden, Christen und Muslime haben seit Jahrtausenden Übung mit dem Thema. Die lange Erfahrung mit dem ernsten Thema macht möglich: Es darf dabei auch mal gelacht werden, wie eine Podiumsdiskussion am Donnerstag in Saarlouis zeigte.

 Der Schatz der Religionen macht souverän auch im Umgang mit Fragen nach dem Tod und dem Danach: (von links): Muslim Fatih Sahan, Jude Benjamin Chait, Moderator Christian Otterbach, Protestant Prof. Joachim Conrad und Katholik Prof. Walter Euler. Foto: Bip/G. Schneider

Der Schatz der Religionen macht souverän auch im Umgang mit Fragen nach dem Tod und dem Danach: (von links): Muslim Fatih Sahan, Jude Benjamin Chait, Moderator Christian Otterbach, Protestant Prof. Joachim Conrad und Katholik Prof. Walter Euler. Foto: Bip/G. Schneider

Foto: Bip/G. Schneider

Ein Jude, ein Katholik, ein Protestant und ein Muslim saßen am Donnerstagabend in der evangelischen Kirche in Saarlouis , um zu ergründen: "Bekomme ich am Ende das, was ich verdient habe? - Jenseitsvorstellungen der Religionen." Keine alltägliche Runde, "für dieses Gespräch haben Sie sich schon ein Stück weit den Himmel verdient", erkannte der katholische Dekanatsreferent Rolf Friedsam, einer der Gastgeber, an. Schmunzeln in den gut besetzten Bankreihen.

Benjamin Chait, Kantor der Synagogengemeinde Saar: "Ich finde es toll, dass sich hier vier Männer hinsetzen, um über Dinge zu reden, von denen sie nichts wissen." Die Lacher waren sicher für diese Aussage, die der islamische Theologe Fatih Sahan nüchterner ausdrückte, sie gilt für alle Religionen: "Von Himmel und Hölle wissen wir nur aus der Offenbarung Gottes."

Fatih Sahan unterstrich immer wieder, dem Menschen sei eine Sehnsucht nach Ruhe und einem friedvollen Ort gegeben, Paradies werde er genannt, nicht nur im Islam verbunden mit dem Bild eines bewässerten Gartens in der Wüste.

Die Bilder vom Jenseits, von Himmel und Hölle , vom Fegefeuer: Die aktuelle Ausstellung im Haus Ludwig in Saarlouis , 92 Motive Salvador Dalís nach dem mittelalterlichen italienischen Dichter Dante und seiner Jenseitsreise "Göttliche Komödie", lieferte den Anlass für die Diskussion.

Heute spreche die katholische Theologie anders vom Jenseits als Dante, sagte Prof. Walter Euler aus Trier. Statt deftiger Bilder rede man abstrakter von "Gemeinschaft mit Gott" nach dem Tode als Umschreibung von Himmel. Die Himmels-Vorstellung ist aber ebenso noch Teil der katholischen Theologie wie die eines Fegefeuers, eines "Reinigungsortes auf dem Weg zum Himmel". Und die Hölle ist nach wie vor definiert als Ort für Menschen, die "in einer Todsünde starben und nicht bereit waren zu bereuen. Sie schließen sich selbst von Gott aus."

Wer genau allerdings in der Hölle gelandet sei, habe die Kirche zu keiner Zeit gesagt. Im Unterschied zu Dante, der allerlei Prominente in der Hölle sah in seiner Vision. Euler sagte auch, es sei katholisch gesehen unerheblich, wie man sich ewiges Leben vorstelle - solange man die Individualität jedes Menschen (man kann auch Seele sagen) als bleibend betrachte.

Benjamin Chait erklärte, Juden gingen davon aus, dass es so etwas wie Himmel und Hölle und Auferstehung gebe, wie aber, "das wissen wir nicht genau". Egal, denn Himmel und Hölle fänden letztlich auf der Erde, im Leben statt. Die Verbindung von irdischem Leben und nach dem Tode kennt auch das Christentum, ebenso der Islam . Fatih Sahan: "Nach islamischem Glauben muss jeder nach seinem Tode Rechenschaft abgeben." Ob man sich denn den Himmel irgendwie verdienen könne, ein alter Anlass von Polemik zwischen Katholiken und Protestanten? Nein, darauf bestand Prof. Joachim Conrad aus Saarbrücken. Glaubenskern sei die Zuwendung Christi zu den Menschen, die im Leben beginne, nicht erst nach dem Tode.

Das schien überall durch: Religionen heute sehen Aussagen über das Jenseits vor allem im Diesseits. Die Zeit Dantes ist eben vorbei. In der man sich eine Vorhölle dachte, "in der die Lauen, die Unentschiedenen saßen, die eigentlich in die Hölle gehören, die der Satan aber auch nicht wollte", wie Pfarrer Jörg Beckers, der andere Gastgeber, sagte und wieder Lacher provozierte. Und auch keine Paradiesvorstellung, so Euler, wie: "Schlaraffenland mit gebratenen Hähnchen, oder für Vegetarier Blumenkohlbratlingen".

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