„Das ist heute unvorstellbar“

Saarlouis · Der Schrecken des Ersten Weltkrieges traf Saarlouis am Vormittag des 14. September 1916 auf völlig unerwartete Weise. Damals forderte eine Explosion auf Choisy fast 100 Tote und ähnlich viele Verletzte.

 Völlig zerstört wurde das Munitionslager mit Nebengebäuden auf Choisy in Saarlouis bei der Explosion von Tonnen an Beutemunition und Zündern am 14. September 1916. Foto: Städtisches Museum Saarlouis

Völlig zerstört wurde das Munitionslager mit Nebengebäuden auf Choisy in Saarlouis bei der Explosion von Tonnen an Beutemunition und Zündern am 14. September 1916. Foto: Städtisches Museum Saarlouis

Foto: Städtisches Museum Saarlouis

Eine Explosion, so laut, dass sie noch im rund 50 Kilometer entfernten Thionville zu hören war. Als "dumpfes weithin hörbares Dröhnen", schilderte sie ein Munitionssoldat, der im September 1916 von dort nach Saarlouis abkommandiert worden war. Denn am 14. September waren auf Choisy, nahe dem heutigen Max-Planck-Gymnasium, tonnenweise Beutemunition und Zünder explodiert. Sie zerstörten die Trainkaserne sowie Nebengebäude. Ringsum zersplitterten Fensterscheiben, Menschen flüchteten aus Angst vor einem Fliegerangriff aus der Stadt.

Heutige Schätzungen gehen von mindestens 96 Toten und ähnlich vielen Schwerverletzten aus. Ein Großteil der Opfer wurde in einem Massengrab im Bereich des Alten Friedhofs von Saarlouis beigesetzt, wenige in ihre Heimatorte überführt.

Recherche im Stadtmuseum

An die Explosion auf Choisy erinnerten am Mittwochmittag Schülerinnen und Schüler des Max-Planck-Gymnasiums (MPG) sowie die Stadt Saarlouis , der Landkreis und der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge , VDK. Treffpunkt war der Gedenkstein nahe dem Sportplatz des MPG. Dieser gehe auf den SSV Saarlouis als Stifter zurück, sagte MPG-Leiter Christian Lanyi gestern. 2014 hatte die Schule eine Ausstellung zum Ersten Weltkrieg erstellt, berichtete Geschichtslehrer Patrick Meyer. Dabei war die Explosion als eigenes Thema behandelt worden.

Eine Arbeitsgruppe stellte mithilfe des Stadtmuseums Saarlouis alte Fotos der Zerstörungen und des Leichenzuges zusammen sowie erläuternde Texte von Augenzeugen.

"So gegen zehneinhalb Uhr erdröhnte ein schrecklicher Schlag", lasen Schüler am Mittwoch aus dem Bericht des ehemaligen Rektors der Katholischen Volksschule Saarlouis . Dass die 16 bis 18 Jahre alten Schüler an Dinge erinnerten, die lange vergessen sind", sagte Oberbürgermeister Roland Henz, "das ist etwas Besonderes."

Lobenswertes Engagement

 An die schwere Explosion auf Choisy und deren Opfer erinnerten gestern Vertreter von Max-Planck-Gymnasium, Landkreis und Stadt Saarlouis sowie VDK am 100. Jahrestag vor dem vom SSV Saarlouis initiierten Gedenkstein. Foto: Johannes A. Bodwing

An die schwere Explosion auf Choisy und deren Opfer erinnerten gestern Vertreter von Max-Planck-Gymnasium, Landkreis und Stadt Saarlouis sowie VDK am 100. Jahrestag vor dem vom SSV Saarlouis initiierten Gedenkstein. Foto: Johannes A. Bodwing

Foto: Johannes A. Bodwing

"Dinge, die fernab geschehen, wirken sich früher oder später auf unser eigenes Leben aus", mahnte Landrat Patrik Lauer . So habe es 1916 auch Saarlouis getroffen, obwohl der Krieg weit im Westen stattfand. Der Landesgeschäftsführer des VDK Saar, Carsten Baus, dankte für das Engagement der Schüler . "Das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen", meinten die Schülerinnen Marie Meuren und Alisha Schanno. Ebenso wenig die Kriegsbegeisterung der Soldaten damals, die sie in Briefen gefunden hatten. Heute treffe es einen, wenn über schlimme Ereignisse berichtet werde. "Man schluckt", sagte Schanno. "Aber dann kommen schon die nächsten Nachrichten."

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