Barber Angels „So viel Herzlichkeit habe ich bei Kunden noch nie erlebt“
Saarlouis · Die Barber Angels schneiden zum zweiten Mal vor dem Sozialkaufhaus in Saarlouis Menschen die Haare, denen das Geld dazu fehlt.
So überaus glücklich verlassen wohl selten Kunden einen Friseursalon. „Normalerweise zeigt sich das am guten Trinkgeld“, sagte Jenni aus Weiskirchen, „hier wirst du gedrückt.“ Sie war als Gast-Angel-Friseur beim Termin der so genannten Barber Angels im Sozialkaufhaus Saarlouis am Wochenende im Einsatz. Dabei brachte sie mit weiteren Ehrenamtlichen Frisuren kostenlos in Form. „Für einen regelmäßigen Haarschnitt fehlt mir das Geld“, sagte eine Frau aus Wadgassen. Den könne sie sich nur etwa zweimal im Jahr leisten, dazwischen lasse sie die Haare einfach wachsen. „Aber für eine Frau ist das schon hart.“ Ihrem Sohn schneidet sie selbst die Haare, das sei bei dessen kurzem Schnitt kein großes Problem. „Aber hier hat er sie sich auch mal wieder schneiden lassen. Dann kommt wieder eine richtige Form rein.“
Die Engel mit Schere und Lederkutte gehen zurück auf den Figaro Claus Niedermaier aus Biberach an der Riß. Der gründete die „Barber Angels Brotherhood“ im November 2016 zusammen mit Kollegen zur Hilfe für bedürftige Menschen. Denn wer kaum Geld zum Leben hat, dem bleibt noch weniger für eine ansprechende Frisur. Im März dieses Jahres waren die Barber Angels zum ersten Mal im Sozialkaufhaus Saarlouis. Mit Unterstützung zahlreicher Mitglieder aus ganz Deutschland. Damals verliehen sie rund 100 Frauen, Männern und Kindern ein schönes Aussehen. „Wir wollen das öfter machen“, hieß es beim Abschluss.
Nach gut einem halben Jahr kamen sie jetzt wieder, diesmal nur Friseure aus dem Saarland. Die Stühle standen bei sonnigem Wetter vor der großen Halle des Kaufhauses. Drei Mitarbeiterinnen der Diakonie Saar und elf Helfer hatten schon ab acht Uhr aufgebaut, berichtete Leiterin Heike Goebel. Sie kümmerten sich um Abläufe, Kaffee und Kuchen und fegten die abgeschnittenen Haare weg. Für heiße Würste sorgten die „Abendländer Germanitas“. Die unterstützen beispielsweise Obdachlose in Saarbrücken. „Wir sind kein Motorradclub“, betonte Volker Wachs neben dem fahrbaren Grill, „sondern ein moderner Ritterorden.“ An die 50 Personen nutzten am Sonntag die Gelegenheit für einen passenderen Haarschnitt. Etwa drei Stunden waren eingeplant, letztlich wurden es vier, in denen die hilfsbereiten Friseure im Dauereinsatz üppige Haarwelten bändigten und lange Mähnen kürzten.
„So drei Millimeter“, meinte Frank Maroska aus Saarlouis. „Ich habe es gestern in der Saarbrücker Zeitung gelesen“, sagte der junge Mann zu dem zweiten Barber-Termin im Sozialkaufhaus. „Deswegen bin ich heute hier.“ Doch komplett drei Millimeter fand Friseur Hassan zu kurz. Statt dessen rasierte er nur an den Seiten herunter, oben auf dem Kopf brachte er den Schopf mit der Schere auf etwa einen Zentimeter. „Nur den Bart“, sagte der nächste Kunde von Hassan. Dann wurde an den Mundwinkeln gesäubert, über der Oberlippe gestutzt und unterm Kinn. „Das wird heute mein letzter Kunde“, sagte Björn Hary bei Saskia. Die junge Frau saß mit schulterlangen roten Haaren vor ihm, daraus sollte ein flotter Bob werden. „Den hatte ich vorher auch“, sagte sie. „Aber dann hatte ich kein Geld mehr dafür.“
Björn Hary leitet die saarländische Abteilung der „Barber Angels Brotherhood“. „Wir sind heute zwei Barber Angels und fünf Gast-Angels“, erzählte er. Die Neuen könnten sich entscheiden, ob sie Mitglied werden. „Auf jeden Fall“, sagte Jenni aus Weiskirchen gegen Ende der Veranstaltung. Dabei liefen Tränen über ihre Wangen. So viel Herzlichkeit wie hier habe sie noch nicht von Kunden erlebt. Auch Sandra Schildgen will weitermachen. „Das ist eine Herausforderung, man lernt Menschen kennen und dann all die strahlenden Gesichter.“ Für eine kontinuierliche Fortsetzung des Projektes nicht nur in Saarlouis sucht Björn Hary weitere Mitstreiter.
Interessenten können sich bei Björn Hary zur üblichen Geschäftszeit melden unter Telefon (0 68 97) 9 83 21 00.