Protest gegen neue Energie-Gesetze „Aktion Eigenstrom statt Kohlestrom“ informierte in Saarlouis

Saarlouis · Auftakt für eine bundesweite Aktion in Saarlouis: Protest gegen die Neuregelungen zum Erneuerbaren-Energie-Gesetz (EEG). Private Stromanlagen würden damit ausgebremst.

 Gegen geplante Einschränkungen der privaten Energieerzeugung sprachen sich aus (v.l.): Karl Werner Götzinger, Jo Leinen und Frank Farenski.

Gegen geplante Einschränkungen der privaten Energieerzeugung sprachen sich aus (v.l.): Karl Werner Götzinger, Jo Leinen und Frank Farenski.

Foto: az

Ein „Kampf altes System gegen neues System“: So sieht der TV-Journalist Frank Farenski die für Deutschland geplanten Neuregelungen zum Erneuerbaren-Energie-Gesetz (EEG). Werden die umgesetzt, wird es seiner Einschätzung nach uninteressant, private Anlagen zur Stromerzeugung aufzubauen.

Deshalb bekommt nun Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier Post. Denn seinem Ministerium untersteht die Bundesnetzagentur, die drei Modelle für die Neuregelung entwickelt hat. Entsprechende Briefe gegen diese Änderungen unterzeichneten 15 Teilnehmer der Auftaktveranstaltung „Eigenstrom statt Kohlestrom“ am Freitagnachmittag auf dem Großen Markt in Saarlouis.

Aktiv dabei war die Bürger-Energie-Genossenschaft Köllertal eG. Als einen „Treppenwitz“ bezeichnete Gesprächspartner Jo Leinen (SPD) die geplanten Änderungen. Letzten Endes würden die in Brüssel scheitern, meinte das langjährige Mitglied des Europäischen Parlaments, „wenn nicht da, dann vor dem Europäischen Gerichtshof.“ Denn die EU hat längst verbindliche Regelungen für erneuerbare Energien erlassen; das bisherige EEG, dem ab 2021 Red II folgen wird.

„Deutschland muss dann gegen Europarecht verstoßen, um die neuen Regelungen umzusetzen“, erläuterte Farenski. Das sei ebenso absurd wie die Folgen der geplanten Änderungen. Denn: „Jetzt will die Politik etwas abschaffen, das seit 20 Jahren erfolgreich ist“.

Inzwischen liefern erneuerbare Energien rund 50 Prozent des Stromes. Und 96 Prozent dieser Anlagen sind in Hand der Bürger sowie von Genossenschaften und kleinen Unternehmen. Vor diesem hohen Anteil hätten die alten Konzerne jetzt Angst, war sich Leinen sicher.

„Ich habe drei große Verlierer“, führte Uwe Leprich weiter aus, Professor an der Hochschule für Technin und Wirtschaft (HTW) Saar und Experte für Energiewirtschaft, Wirtschafts- und Umweltpolitik: Dies seien die Netzbetreiber, für die es komplizierter werde, sowie die Versorger, deren Gewinne nachließen, aber auch der Finanzminister. Der verliere Geld, wenn Bürger in großem Stil eigene Anlagen aufbauten. „Die wehren sich“, sagte Leprich. Das zeige der Vorschlag der Bundesnetzagentur, „der den Netzbetreibern maximal entgegenkommt“.

„Das ist genau das Gegenteil von dem was man will“, ärgerte sich Karl Werner Götzinger, Vorstandsvorsitzender der Bürger-Energie-Genossenschaft Köllertal. Denn erneuerbare Energie schützten das Klima und verringerten die Abhängigkeit von Strom aus Kohle und Atomkraft.

Der Bundestagsabgeordnete Markus Tressel, Grüne, hält die neuen Regelungen „für hochproblematisch, weil es tatsächlich dafür sorgt, dass wir weniger Ausbau bekommen werden“. Das bremse auch die Eigenversorgung aus, zum Beispiel den Strom aus privaten Solaranlagen. Doch Netzbetreiber und große Stromproduzenten hätten kein Interesse daran, dass Bürger ihren Strom selbst erzeugen. Das seien „in Deutschland sehr verkrustete Strukturen, da geht es um Millionen und Milliarden“.

Thomas Lutze, Bundestagsabgeordneter der Linken, ist Mitglied im parlamentarischen Wirtschaftsausschuss. „Wir wollen, dass die Menschen ihren Strom selber herstellen“, erklärte er. „Dass man dafür eine Strafgebühr zahlen muss, ist für meine Begriffe völlig unerträglich.“

„Was hier passiert, ist die Konservierung des alten Netzes“, kritisierte Farenski. Ebenso, „dass die Öffentlichkeit nicht richtig informiert wird“. Denn wichtig für die regenerative Stromversorgung seien Speicher für den Eigenbedarf. Das wollten die Bundesnetzagentur und der Bund Deutscher Energie- und Wasserwerke, BDEW, mit zu hohen Abgaben unattraktiv machen. Dann koste beispielsweise eine KWh Solarstrom so viel wie der normale Netzstrom.

Nach dem Auftakt in Saarlouis tourt die Aktion „Eigenstrom statt Kohlestrom“ durch Deutschland. Die erste Veranstaltung in Saarlouis wurde aufgezeichnet und ist auf Youtube zu sehen.

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