Saarlouis Glück, Frieden und eine Katze

Saarlouis · Bei der Aktion „Bevor ich sterbe ...“ schreiben Passanten in Saarlouis ihre Wünsche auf.

 So sieht am Freitagmittag die mit Wünschen und Hoffnungen vollgeschriebene Tafel aus.

So sieht am Freitagmittag die mit Wünschen und Hoffnungen vollgeschriebene Tafel aus.

Foto: Joshua Schwinn

Christine Rizzo will, dass es ihren Kindern gut geht. „Unsere Kinder sind das wichtigste“, sagt sie und schaut auf Leano (6 Jahre alt) und Medea (8). Ihr Mann Domenico stimmt ihr zu. Er sagt: „Wir wollen unsere Kinder aufwachsen sehen. Und wir wollen, dass sie glücklich sind.“

Ihren Wunsch hat Christine Rizzo gestern Mittag mit weißer Kreide auf eine Tafel in der Französischen Straße in Saarlouis geschrieben. Auf dieser Tafel durfte jeder, der gerade vorbeikam, seinen Wunsch, seine Hoffnung oder seine Sehnsucht loswerden. Es galt dabei, einen Satz zu vervollständigen, und zwar: „Bevor ich sterbe, möchte ich ...“

Zum Mitmachen ermutigt wurden die Passanten von Anja Meisberger und ihren drei Kolleginnen von der Caritas. Die hauptamtlichen Mitarbeiterinnen des Ambulanten Hospiz- und Palliativberatungszentrums Saarlouis der Caritas (AHPZ) haben die Tafel aufgestellt. Dazu einen Stand mit Kaffee, Kuchen und Flugblättern, auf denen die Aktion „Bevor ich sterbe ...“ erläutert wird. Anlass für die Aktion ist der Welthospiztag am 14. Oktober.

„Wir wollen die Menschen anregen, sich Gedanken über ein paar wichtige Fragen zu machen“, sagt Meisberger. Fragen, die mit dem Leben und dem Sterben zu tun haben. Zum Beispiel: Was ist mir wichtig? Was will ich noch verwirklichen? „Ihnen soll bewusst werden, dass sie lieber nichts auf die lange Bank schieben sollten“, rät Meisberger. Denn: „Irgendwann ist das Leben vorbei.“

Neben dem Wunsch der Familie Rizzo aus Nalbach stehen auf der Tafel noch viele andere. Nicht nur auf Deutsch, sondern auch in anderen Sprachen: Französisch, Arabisch, Polnisch. Fast alles ist erlaubt und gewünscht. Ausnahme: politisch extreme Kommentare.

Die Wünsche sind vielfältig: „Die Welt erkunden“, „meine Ausbildung schaffen“ und „Selbstbewusstsein entwickeln“. Aber auch „Glück“, „Frieden“, eine „Katze“ und „Gesundheit“. Außerdem möchte jemand, „dass die Menschheit vernünftig wird“.

Die Aktion kommt an. Die meisten Fußgänger sind neugierig, viele von ihnen bleiben stehen und schreiben. Schon nach wenigen Minuten ist die Tafel fast voll. „Ich bin überrascht, dass so viele Menschen interessiert sind“, sagt AHPZ-Leiterin Karin Jacobs. Ihre Mitarbeiterinnen fotografieren die Wünsche und wollen sie nach Ablauf der Aktion dokumentieren. Wie, steht noch nicht fest. Denkbar ist eine Ausstellung oder ein Internetblog.

Einige rufen im Vorbeigehen, sie hätten keine Wünsche. „Das finde ich traurig“, sagt Meisberger. Domenico Rizzo glaubt dagegen: „Ist doch super, wenn jemand sagt: ,Ich bin wunschlos glücklich.’ Das ist das Beste, was einem passieren kann.“ Die Aktion findet er trotzdem gut. Es sei wichtig, sich auch mit dem Thema Sterben auseinanderzusetzen. In der Gesellschaft passiere das leider zu selten. Seine Frau Christine, die als Ergotherapeutin oft mit älteren Menschen zu tun hat, findet Offenheit ebenfalls wichtig.

Und die beiden sind nicht die einzigen. Manche erzählen die Geschichte hinter ihrem Wunsch tatsächlich sehr offen. So etwa Renate Peifer aus Dillingen. Die 63-Jährige will nach Thailand auswandern. Sie ist mit dem Sozialsystem in Deutschland unzufrieden. Sie hat lange in der Altenpflege gearbeitet. Ihr Urteil: „Die Leute werden unmenschlich behandelt.“ Wenn man in Deutschland nicht arbeiten könne, weil man alt oder krank sei, sei man nichts mehr wert, meint sie.

 Christine Rizzo und ihr Mann Domenico wünschen sich, dass ihre Kinder Leano und Medea glücklich sind.

Christine Rizzo und ihr Mann Domenico wünschen sich, dass ihre Kinder Leano und Medea glücklich sind.

Foto: Joshua Schwinn

Die Aktion läuft noch bis Freitag, 13. Oktober. Bis dahin kann jeder seine Wünsche aufschreiben – an mehreren Orten. Die Tafeln stehen in der Geschäftsstelle des Caritasverbandes Saar-Hochwald sowie im Globus Saarlouis, im Foyer des St. Elisabeth-Krankenhauses, in der Kirche St. Ludwig und in der Evangelischen Kirche.

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