Ab heute preußisch

Saarlouis · Am Dienstag, 1. Dezember, um 9 Uhr vor 200 Jahren marschierten die letzten – angeblich bis auf einen – französischen Soldaten der Garnisonsstadt Saarlouis durch das Französische Tor Richtung Metz. Aus dem französischen Sarre-Louis wurde das preußische Saarlouis.

Der 1. Dezember 1815: Vor 135 Jahren hatten französische Militärs unter dem Oberkommando des Sonnenkönigs Ludwig XIV. die Überschwemmungsfestung und Stadt Sarre-Louis gegründet. Jetzt, um 9 Uhr, zogen die Gründer ab. Was sie nicht wissen konnten: Gut 100 Jahre später kamen sie zurück, nach dem Ersten Weltkrieg.

Jetzt aber, um 10 Uhr, zogen die Preußen ein. Die Saarlouiser wurden Untertanen von König Friedrich Wilhelm III. Saarlouis war nun deutsch.

Für die Franzosen verspielt hatte Napoleon die Stadt Saarlouis , zusammen mit weiteren Grenzgebieten. Denn Napoleon hatte seine Kriege in ganz Europa am Ende verloren. Seine Gegner, die meisten europäischen Mächte, hatten ihn nach St. Helena verbannt. 1815 war er illegal zurückgekehrt. Der Wiener Kongress, bei dem die Sieger Europa neu ordneten, tagte noch. Diesmal unterlag Napoleon endgültig: in der Schlacht von Waterloo am 18. Juni 1815. Es folgte am 20. November 1815 der Zweite Pariser Frieden. Darin wurde unter anderem die Übergabe von Saarlouis an die Preußen festgelegt.

Der Übergang gestaltete sich friedlich, sagt Stadtarchivar Benedikt Loew. Die Saarlouiser konnten bleiben, wie sie waren, Bürgermeister Michel Re neauld, ein Saarlouiser, zuerst General der französischen Revolutionsarmee, dann, ab 1812, Maire de Sarre-Louis, blieb einfach im Amt wie der Großteil der Ratsmitglieder. "Wir haben ein Vaterland verloren, aber ein neues gefunden", zitiert die von Hans Jörg Schu und einem Team herausgegebene "Chronik der Stadt Saarlouis ", eine 1817 an den Preußenkönig gerichtete Ergebenheitsadresse.

Als die Franzosen am 1. Dezember abzogen, haben sie einer Anekdote nach den Soldaten Lacroix vergessen. Der hatte abends mit Saarlouisern gezecht und den Abzug verpennt.

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Meinung:

Schade, das wurde verpasst

Von SZ-RedakteurJohannes Werres

Schade, dass die Stadt das Jubiläum des Wechsels von Frankreich nach Preußen nicht so richtig feiert. Nicht aus nationalistischen Gründen. Sondern weil die Saarlouiser ebenso wie die Preußen den Wechsel offenbar sehr entspannt und ohne Häme vollzogen haben. Anekdoten wie die Geschichte um den vergessenen Soldaten Lacroix spiegeln Saarlouis , wie es wirklich ist: Festungsmauern und Kasernen gehören zum Gründungsbestand mit größter Selbstverständlichkeit bis heute, aber Militarismus ist den Bürgern fremd geblieben. Das hätte ihnen einen schönen Grund gegeben, sich selbst zu feiern. Schade drum.

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