50 Jahre Humpen Saarlouis Kneipe voller Geschichte und Geschichten

Saarlouis · Dieses Haus hat eine lange Geschichte und könnte viele ebensolche Episoden erzählen: Die Traditionskneipe Humpen in der Saarlouiser Altstadt wird in dieser Woche 50 Jahre alt.

Kult-Kneipe wird 50 Jahre: So sah der Humpen Saarlouis 1978 aus, als noch Autos in der Alte-Brauerei-Straße fuhren. Damals war die Kneipe mehr Jugendtreff als Gastronomie.

Kult-Kneipe wird 50 Jahre: So sah der Humpen Saarlouis 1978 aus, als noch Autos in der Alte-Brauerei-Straße fuhren. Damals war die Kneipe mehr Jugendtreff als Gastronomie.

Foto: Müller

Stünde in der Saarlouiser Altstadt eine Zeitrafferkamera, dann gäbe es wohl einen Ort, der wie kein anderer ins Auge fiele. Während beinahe überall Kneipen und Restaurants kurz aufflackerten, wieder verschwanden und durch neue ersetzt wurden, stünde ein Haus beinahe unverändert wie ein Fels in der schäumenden Brandung der Zeit, ähnlich der Schaufensterpuppe im Filmklassiker „Die Zeitmaschine“, an der trotzig die Jahre vorbeirasen – fast unberührt vom Lauf der Geschichte.

Am 2. Februar ist es genau 50 Jahre her, dass im Humpen das Licht angeknipst wurde. Damals gegründet von drei jugendlichen Freunden, den Brüdern Horst und Bernd Sommerfeld und Erni Müller. Und schon damals war es ein geschichtsträchtiger Ort, denn als die Gaststätte „Zum Humpen“ an jenem Freitag 1973 erstmals ihre knarzende Tür öffnete, hatte das Haus bereits eine 75-jährige Karriere als Gaststätte hinter sich.

Somit wird gleich noch ein Jubiläum begangen: Seit 125 Jahren ist es ein Gasthaus. Bereits 1898 eröffnete Jacob Schmidt hier, damals noch in der Brauereistraße 1, das Lokal „Zur Kleinbahn“, denn eine solche für damals durch die Lothringer Straße von Saarlouis bis nach Frankreich. 1911 übernahm die Familie Obé-Kerner das Lokal, das alsbald im Volksmund einfach nur noch „Kätchen Kerner“ heißen sollte.

Von besagter Katharina Kerner übernahmen die drei jungen Pächter 1973 die Kneipe. Was als Versuch auf Zeit begann, sollte, mit nun 50 Jahren auf dem Buckel, zur ältesten Gaststätte der Stadt werden. Damals herrschte noch Straßenverkehr in der inzwischen Alte-Brauerei-Straße und die Motorräder der Gäste säumten das Trottoir vor der Schenke.

Mit der Übernahme durch die jungen Betreiber fand auch beim Publikum ein Generationswechsel statt. Denn damals gab es auch in Saarlouis kaum Kneipen für das Jungvolk, lediglich das „Mexiko“. Die Gäste, überwiegend Schüler, lösten die alten Stammgäste ab. Fortan wurde hier Geschichte geschrieben… und Geschichten. Die meisten davon gehören nicht in die Zeitung, zumindest nicht im Detail.  

Etwa die von Oskar Lafontaine, damals noch in der SPD, der im sonst so friedlichen Humpen beinahe von einem aufgebrachten Gast eine „gefangen“ hätte oder die Legende um Hubert Ulrich, bei dem es, wenn er im Humpen bediente, nur Bier gab, egal, was man bestellte. Am altehrwürdigen Tresen fanden sich Paare, deren Kinder längst selbst Humpengäste sind. Beziehungen, Freundschaften und Pakte wurden hier geknüpft und wieder gelöst, es wurden politische Strippen gezogen, Aktionen geplant und verworfen und vor allem allerhand dummes Zeug geschwätzt.  Stummer Zeuge von all dem ist das Klavier im Eingangsbereich, das seit dem ersten Tag hier vieles erdulden musste. Stumm übrigens buchstäblich: Denn anfangs noch bespielbar, wurde seine Tastenklappe irgendwann zugenagelt, weil das ständige Geklimper – je später der Abend desto schlimmer – irgendwann nervte. Ebenso zeitlos ist der alte Kachelofen, der anfangs noch zum Heizen genutzt wurde.

Anfang der 1980er Jahre kauften die Inhaber Erni Müller und Horst Sommerfeld das Haus und gestalteten den vormals betonierten Hof zum lauschigen Biergarten mit wildem Wein und Efeu an den Wänden. Sogar ein Baum stand eine Zeit lang hier. Viele legendäre Humpenbälle und Heiligmorgen wurden im Laufe der Jahrzehnte gefeiert. 48 Jahre führte Erni Müller als Besitzer seinen Humpen und wurde zum Gesicht dieser Kneipe.

Allem Zerren der Zeit widerstehend, sorgte er auf seine einzigartig liebenswerte Art, im besten Sinne dafür, dass im Humpen die Zeit stillzustehen schien. Einzig eine größere Renovierung zur Jahrtausendwende, in der unter anderem der alte Tresen wich, sorgte für eine kleine optische Zäsur, ohne dass der Grundcharakter der Kneipe verändert wurde. Und so überdauerte der Humpen alle Widrigkeiten der Zeit, überlebte gar seinen Wirt, der 2021 verstarb. Das Erbe trat sein Sohn Yannick an, der heute den Humpen weiterführt und so den Familienbetrieb hoffentlich noch weitere Jahrzehnte am Leben erhält.

 Dieses Foto zeigt die Menschenmenge am Humpen, dort, wo der bis heute berühmt-berüchtigte Heilige Morgen seinen Anfang hatte.

Dieses Foto zeigt die Menschenmenge am Humpen, dort, wo der bis heute berühmt-berüchtigte Heilige Morgen seinen Anfang hatte.

Foto: Engel
Im Humpen war immer was los: Diese beiden Fotos zeigen eine Menschenmenge am 24. Dezember 1994 vor dem Lokal, dort, wo der bis heute berühmt-berüchtigte Heilige Morgen seinen Anfang hatte.

Im Humpen war immer was los: Diese beiden Fotos zeigen eine Menschenmenge am 24. Dezember 1994 vor dem Lokal, dort, wo der bis heute berühmt-berüchtigte Heilige Morgen seinen Anfang hatte.

Foto: Engel
 Dieses Foto zeigt die 20-Jahr-Feier des Gasthauses Humpen am 4. Februar 1993.

Dieses Foto zeigt die 20-Jahr-Feier des Gasthauses Humpen am 4. Februar 1993.

Foto: Engel

Der Humpen Saarlouis feiert von Donnerstag bis Samstag, 2. bis 4. Februar, sein Jubiläum mit all seinen Gästen aus den vergangenen 50 Jahren, mit Live-Musik am Freitag und jeder Menge Erinnerungen und Gesprächen über die alten Zeiten.

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